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Portfoliomanager über Value-Aktien Die Titel sind noch längst nicht tot

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Ein gutes Unternehmen ist nicht automatisch eine gute Aktie - und ein steigender Aktienkurs ist nicht zwangsläufig ein Hinweis auf die Qualität eines Unternehmens. Er ist lediglich das Ergebnis von Erwartungen verschiedenster Marktteilnehmer. Entsprechend wichtig ist die Berücksichtigung einer Sicherheitsmarge, sollten die Erwartungen nicht erfüllt werden. Dieser Denkansatz grenzt den Value-Investor von anderen Investoren ab und führt ihn zumeist in Unternehmen, Branchen oder Regionen, die nicht im Trend liegen.

Wo ist noch „Value“ zu finden? Kurzfristig hängt vieles von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie sowie dem politischen Umgang mit dieser ab. Auf längere Sicht könnte es lohnenswert sein, Unternehmen zu beobachten, die aktuell aufgrund der Corona-Krise unter Druck geraten sind und „auf staatliche Anordnung“ Umsatzrückgänge hinnehmen mussten, deren Geschäftsmodelle aber grundsätzlich intakt sind. Dazu könnten die Freizeit- und Tourismusindustrie gehören, die Unterhaltungsbranche, Brauereien, der Industriesektor (speziell Infrastruktur) aber auch der öffentliche Nahverkehr.

Zudem sollte man keinesfalls alle Technologietitel in einen Topf werfen. Auch in diesem Sektor gibt es meist zum bis zur Perfektion bepreisten Unternehmen ein attraktiv bewertetes Pendant, welches aufgrund des Wachstums vielleicht nicht das bessere Unternehmen, aber aufgrund der Bewertung, langfristig die bessere Aktie inklusive Sicherheitsmarge ist. Gleichzeitig könnte das größte Value-Potenzial vor allem darin bestehen, in bestimmten Unternehmen nicht investiert zu sein.

Viele Unternehmen, deren Branchen und Geschäftsmodelle im Umbruch und Wandel stehen, verdienen einen Bewertungsabschlag und bleiben in einigen Fällen uninvestierbar, weil sie anders als nach optischem Anschein kein „Value Investment“, sondern vielmehr eine „Value Falle“ sind und zusätzlich oft nicht den Mindestanforderungen an eine hohe bilanzielle Qualität genügen. Geduld und Disziplin sind gefragt Value ist nicht tot.

Der Faktor wird überschattet von der Angst, positive Markttrends und teilweise spektakuläre Wertzuwächse innerhalb kürzester Zeit zu verpassen. Auch die vermeintliche Alternativlosigkeit aufgrund niedriger bis negativer Zinsen und die vermutete Absicherung der Märkte nach unten durch die Notenbanken spielen eine Rolle.

Zusätzlich trägt der Anstieg der Investitionen in passive Indexfonds (ETFs) zur rückläufigen Bedeutung des Value-Faktors bei. Per Definition werden bei dieser Anlageform Unternehmen ohne Differenzierung in Bezug auf ihre Qualität, Bewertung oder fundamentale Eignung gekauft. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Value-Ansatzes liegt also auch darin, die dadurch entstehenden Marktrisiken mit Hilfe intelligenter Selektion zu vermeiden.

Zeiten, in denen Bewertungen nur eine sehr untergeordnete Rolle spielten, weil "diesmal alles anders ist", waren rückblickend nie ein guter Moment, undifferenziert in den Aktienmarkt einzusteigen und wurden später oft als „Blase“ betitelt. Langfristig besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Aktienmarktbewertung von heute und den Renditen von morgen. Es braucht allerdings Geduld, Disziplin und in Zeiten wie diesen manchmal ein hohes Maß an Durchhaltevermögen, um die Früchte des Value-Ansatzes ernten zu können.

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