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Von „brauner“ zu „grüner“ Wirtschaft Welche Roh- und Werkstoffe ein fortschrittliches Energiesystem benötigt

Flüssiges Kupfer wird bei einem Hamburger Hersteller und Wiederverwerter zu Kupferbarren gegossen
Flüssiges Kupfer wird bei einem Hamburger Hersteller und Wiederverwerter zu Kupferbarren gegossen: Der hervorragende Strom- und Wärmeleiter ist für die E-Mobilität und den Ausbau der Stromnetze unverzichtbar. | Foto: Imago Images / photothek

BlackRock hat fünf MegaForces ausgemacht, die Anlegern spannende Anlagechancen bieten. Diese strukturellen Trends – dazu zählt die Investmentgesellschaft zum Beispiel die rasanten Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz (KI) und den demografischen Wandel – verändern die Märkte und Portfolios grundlegend. Die kapitalintensivste dieser MegaForces ist der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Denn die Neuordnung von Lieferketten, Produktionsprozessen und des Energiesystems erfordert erhebliche Kapitalumschichtungen.

Die weltweite Umstellung auf verlässliche, emissionsarme Energiequellen eröffnet attraktive Anlagechancen in vielen Anlageklassen und Regionen. Bei diesem Übergang gilt es, eine ganze Reihe von Aspekten zu beachten. Besonders wichtig erscheint BlackRock dabei aber der Wechsel von einem Energiesystem, das von fossilen Brennstoffen abhängt, zu einem, das auf Metallen und anderen Werkstoffen aufbaut: Letztere sind grundlegende Bestandteile CO2-armer Technologien.

Wenn aber die Unternehmen, die diese Materialien produzieren, nicht aktiv daran arbeiten, ihren eigenen CO2-Fußabdruck zu verkleinern, könnte sich die Problematik der Emissionen lediglich vom Verbrauch auf die Produktion verlagern. BlackRock geht davon aus, dass es höchste Zeit ist, diese grundlegende Umstellung von einer „braunen“ Wirtschaft, die auf fossiler Energie aufbaut, zu einem „grünen“, werkstoffbasierten System genauer in den Blick zu nehmen.

 

Auswirkungen auf Preise und Anlagechancen

Die Nachfrage nach Metallen und weiteren Werkstoffen ist auf dem besten Weg, in den kommenden Jahren alle bisherigen Schätzungen zu übertreffen. Gute Beispiele dafür sind Kupfer, das für die Stromnetze unverzichtbar ist, oder Seltene Erden, die in Windkraftanlagen verbaut werden. Da der Übergang zu kohlenstoffarmen Technologien weltweit an Tempo zulegt – und möglicherweise schneller als vom Markt angenommen –, könnte dieser Nachfrageanstieg stark unterschätzt sein.

Ein interessanter Aspekt dieser Entwicklung ist der Einfluss der Nachfrage auf die Preise und Unternehmensgewinne. Wenn das Angebot eingeschränkt ist und die Nachfrage gleichzeitig steigt, könnten die Preise der Roh- und Werkstoffe stärker anziehen als erwartet. Davon könnten Anleger profitieren, indem sie sich auf Firmen konzentrieren, die den kohlenstoffarmen Übergang gut bewältigen und daher höhere Bewertungen erzielen dürften als Wettbewerber, die sich mit dem Übergang schwertun. Außerdem dürften Unternehmen, die bereits führend bei emissionsarmen Roh- und Werkstoffen sind, die Vorteile ihrer Geschäftsmodelle zugutekommen.

Das Anlageuniversum, das BlackRock betrachtet, lässt sich in drei Kategorien einteilen:

  • Emissionsminderer („Emission Reducers“): Werkstoffunternehmen, die Pläne erstellt haben, um ihre Emissionsintensität im Laufe der Zeit zu reduzieren
  • Wegbereiter („Enablers“): Firmen, die wichtige Werkstoffe oder Technologien bereitstellen, um Werkstoffunternehmen dabei zu unterstützen, ihre Emissionen zu reduzieren
  • Grüne Vorreiter („Green Leaders“): Unternehmen, die bei der Herstellung von Werkstoffen verglichen mit ihren Wettbewerbern weniger Emissionen verursachen.

Hält das Angebot Schritt?

In der Theorie sollten Roh- und Werkstoffe wie Kupfer, Lithium, Nickel, Graphit und Kobalt mehr als ausreichend vorhanden sein, um die weltweite Nachfrage zu decken – denn das Angebot ist groß, wie Bloomberg unterstreicht. Mangel herrscht hingegen an qualitativ hochwertigen, kosteneffizienten, noch unerschlossenen Projekten zur Gewinnung der Rohstoffe; also Vorkommen, bei denen das abgebaute Erz einen hohen Anteil des jeweiligen Rohstoffes enthält, was ein Zeichen für Qualität und potenzielle Rentabilität ist. Das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ist dabei nicht hypothetisch: Für mehrere Metalle, darunter Kupfer, wird mittel- bis langfristig bereits ein Engpass vorhergesagt (Goldman Sachs, Supply and Demand Forecast, Stand: 7. Oktober 2023). Die Nachfrage nach diesen Metallen dürfte also in absehbarer Zukunft das Angebot übersteigen. Bei einigen Seltenen Erden ist ähnliches zu erwarten.

Grafik: Investitionen der Top-50-Bergbauunternehme. Das Verhältnis von Kapitalausgaben zu EBITDA* war 2022 so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr

Mit Blick auf die Investitionen gibt es eine gewaltige Lücke zwischen dem, was erforderlich wäre, und dem, was die Unternehmen tatsächlich in ihre Bilanzen eingestellt haben. Laut Internationaler Energieagentur (IEA) summiert sich der Investitionsbedarf bei wichtigen Mineralien bis 2050 auf geschätzte 360 bis 450 Milliarden US-Dollar. Davon entfallen interessanterweise über 60 Prozent allein auf Investitionen in Kupfer (Quelle: Internationale Energiebehörde, IEA, Stand: September 2023). Die Kupferindustrie ist mit einer erheblichen Investitionslücke konfrontiert, die bis zum Ende des Jahrzehnts angegangen werden muss, um die Versorgung zu sichern. Die aktuell zugesagten Mittel für neue Projekte reichen bei Weitem nicht aus, um die erwartete Nachfrage zu decken.

Kurz gesagt: Auch wenn das Angebot an Werkstoffen groß ist, gibt es erhebliche Lücken bei der Finanzierung und Entwicklung neuer Projekte. Daraus ergeben sich Herausforderungen, aber auch Chancen für Akteure im Metall- und Werkstoffsektor.

Neue Trends beim „grünen“ Übergang in unterschiedlichen Sektoren

Der Übergang zu Nachhaltigkeit hat Auswirkungen auf alle Branchen. Bei Versorgern beispielsweise sind die Bewertungen derjenigen Unternehmen gestiegen, die von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umstellen. Hier deutet sich eine positive Entwicklung an, die auch CO2-intensivere Sektoren wie die europäische Stahlindustrie beeinflussen könnte. Letztere geht sukzessive von den traditionellen Hochöfen zu umweltfreundlicheren Verfahren über. Dies könnte dazu führen, dass die europäischen Stahlerzeuger für ihren emissionsreduzierten Stahl künftig auch Spitzenpreise verlangen können.

Widersprüchlich sind hingegen die Aussichten für die Kupferindustrie: Während sie einerseits vom Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft profitieren dürfte, bereiten ihr andererseits in die Jahre gekommene Minen und fehlende neue Projekte Probleme – trotz rekordhoher Kupferpreise.

Das wirft die Frage auf, wie der Sektor die weltweit wachsende Nachfrage decken kann. Die Konsequenz dürfte wohl sein, dass die Preise steigen und dass sich die effizientesten Produzenten über beträchtliches Gewinnpotenzial freuen dürfen. Nicht zuletzt entwickelt sich das Batterierecycling zu einer Schlüsselbranche, insbesondere angesichts der ersten Generation von Elektrofahrzeugen, die langsam in die Jahre kommt. Staatliche Regelungen und wachsender Angebotsdruck stellen hier die Weichen für Wachstum.

 

Die Politik und ihr Einfluss auf das Tempo der Energiewende

Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft kommt Regierungen weltweit eine wichtige Rolle zu. Über politische Maßnahmen können sie den Übergang von „braunen“, kohlenstoffintensiven zu „grünen“, nachhaltigen Technologien fördern und durchsetzen. Hierzu steht ihnen ein ganzes Bündel an Maßnahmen, Finanzierungspaketen und Regelungen zur Verfügung, die Investitionen in kohlenstoffärmere Technologien ankurbeln.

Was die Sanktionen betrifft, können Regierungen insbesondere zwei Maßnahmen nutzen. Zunächst die Bepreisung von Treibhausgasemissionen, beispielsweise durch die Einführung einer CO2-Steuer. Zweitens können Staaten emissionsintensive Aktivitäten direkt unterbinden, zum Beispiel durch ein Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor. Aber neben der Peitsche können Staaten auch zum Zuckerbrot greifen, also Anreize bieten. Deren Bandbreite ist enorm und reicht von Steuererleichterungen und direkter Subventionierung für Produzenten und Verbraucher bis hin zu beschleunigten Genehmigungsverfahren für nachhaltige Vorhaben sowie zinsgünstige Kredite für Leuchtturmprojekte.

In einigen Branchen kann eine Mischung aus beidem – Zuckerbrot und Peitsche – erforderlich sein. So zum Beispiel im Energiesektor: Hier werden zwei Ziele gleichzeitig verfolgt, nämlich der rasche Ausbau erneuerbarer Energien einerseits und das Zurückfahren der Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen andererseits. In Fällen wie diesen kann ein ausgewogener Mix aus Anreizen und Verboten zentral sein, um Unternehmen sektorweit zu nachhaltigerem Handeln zu bewegen. Dabei hängt die Entscheidung, Sanktionen oder Anreize einzusetzen, häufig vom Ziel ab. Geht es darum, Unternehmen Neuinvestitionen schmackhaft zu machen wie zum Beispiel den Bau einer Gigafabrik für Batterien oder die Erschließung einer neuen Kupfermine, dann sind Anreize wie Steuervergünstigungen oft der effektivste Ansatz. Liegt dagegen der Schwerpunkt darauf, die Emissionen bestehender Anlagen zu senken oder diese durch umweltfreundlichere Alternativen zu ersetzen, könnten Sanktionen wie eine CO2-Steuer der erfolgversprechendere Weg sein.

Durch einen fein abgestimmten Mix aus Sanktionen und Anreizen können Regierungen Neuinvestitionen in „grüne“ Technologien fördern und zugleich sicherstellen, dass vorhandene Anlagen umweltfreundlich umgerüstet oder durch nachhaltigere Lösungen ersetzt werden.

Fazit

Der Weg von einer „braunen“, fossilen zu einer „grünen“, metall- und werkstofforientierten Wirtschaft ist ein wichtiger Teil des globalen Übergangs zu einer CO2-armen Wirtschaft. Unternehmen aus dem Roh- und Werkstoffsektor kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, und zwar nicht nur, was die Deckung der Nachfrage nach diesen Materialien betrifft, sondern auch mit Blick auf die Reduktion ihrer eigenen Emissionen. Dabei zeichnet sich der Weg zur Dekarbonisierung nach Meinung von BlackRock immer deutlicher ab: Zunächst geht es darum, bestehende Anlagen zu optimieren, dann um den Übergang zu kohlenstoffarmen Technologien, um schließlich möglicherweise das „grüne“ Ziel zu erreichen: Eine komplette Umstellung auf emissionsarme oder emissionsfreie Technologien.

Eine vorausschauende Politik ist dafür von zentraler Bedeutung, da sie den regulatorischen Rahmen gestaltet, der diesen entscheidenden Wandel fördern oder behindern kann. Insgesamt lässt sich festhalten, dass all jene, die die entscheidende Rolle von Metallen und anderen Roh- und Werkstoffen bei diesem Übergang erkennen und sich entsprechend orientieren, potenziell immense Vorteile für ihre Stakeholder erzielen können.

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