Digitale Ökosysteme „Diese Optionen haben Versicherer bei digitalen Plattformen“

In sogenannten Ökosystemen werden Finanzdienstleister künftig alle hauseigenen Produkte und Angebote von Dritten auf einer digitalen Plattform bündeln, erwarten Branchenexperten wie Michal Trochimczuk. Diese Ökosysteme eröffnen auch für Versicherer enorme Wachstumschancen, sagt der Managing Partner von Sollers Consulting. Zu den Kunden der international tätigen Business- und IT-Beratung zählen derzeit auch Versicherer hierzulande. Dazu gehören beispielsweise die Anbieter Allianz, Axa, Basler, Generali und Zurich.
Auch deutsche Versicherer richten ihr Geschäft derzeit auf digitale Ökosysteme aus, berichtet Trochimczuk. Damit folgten sie dem Beispiel des chinesischen Versicherers Ping An auf seinem fernöstlichen Heimatmarkt. „Auf dem deutschsprachigen Markt beobachten wir erste richtige und wichtige Schritte“, sagt der Sollers-Berater. Als konkrete Beispiele nennt er die Schweizer Baloise, die Zurich Deutschland und das Insurtech Element. Laut Trochimczuk müssen sie sich aber noch weiter anstrengen. „Was wir hier sehen, ist erst der Anfang.“
Versicherer haben drei Optionen, so Trochimczuk. Sie können sich demnach erstens bestehenden Ökosystemen anschließen und dort komplementäre Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Zweitens werde eine Reihe von Versicherern selbst aktiv und nehme die Rolle des Gestalters eines Ökosystems ein. „Dies erfordert den Aufbau einer digitalen Plattform und die Anbindung von Partnern“, sagt Trochimczuk und weist auf die damit verbundenen Herausforderungen hin. „Dieser Weg ist kostspielig und riskant.“
Vom Push- hin zum Pull-Vertrieb
Als dritte Option können Versicherer beide Ansätze kombinieren. Dabei setzen sie Ökosysteme als Teil ihres Vertriebsnetzes ein. Eine „grundlegende Strategie- und Mentalitätsänderung“ im Vertrieb der deutschen Assekuranz fordert daher Alexander Bernert, Chef des Innovationsmanagements der Zurich Deutschland. „Die Versicherer stellen beim Thema Ökosysteme viel zu häufig ihre Probleme in den Vordergrund, nicht diejenigen des Kunden.“ Ziel müsste sein, weg vom Push-Vertrieb und hin zum Pull-Vertrieb zu kommen.
„Die Leute kaufen doch eher etwas Immaterielles, eine Lösung.
Nicht den Bohrer, sondern das Loch in der Wand.“
Alexander Bernert, Zurich Deutschland
Auch für Witold Jaworski, internationaler Chef der Ergo Technology & Services Management, sind bei dem Einstieg in Ökosysteme oder dem Aufbau von eigenen Service-Plattformen die technischen Herausforderungen weniger bedeutend als die vertrieblichen. „Technologie ist das geringere Problem. Fraglich ist allerdings, ob Versicherer wissen, was der Kunde will“, sagt Jaworski. Seiner Einschätzung nach liegt das Problem in dem geringen Kundenengagement. „Verstehen die Versicherer überhaupt den Kunden? Die Marktperspektive müssen sie noch lernen.“