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Einzeln aufgeschlüsselt Das sind die Probleme der Schwellenländer

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Die drei Risikokandidaten sind unseres Erachtens die Türkei, Indien und Südafrika. Unter den großen Schwellenländern sehen wir in der Türkei und Indien die größten strukturellen Risiken. Der türkische Bankensektor steht durch eine volatile Mischung von externen Finanzierungsrisiken, einer zunehmend schlechten Aktiva-Qualität und unserer Ansicht nach selbstsabotierenden wirtschaftspolitischen Entscheidungen unter Druck.

Zahlungsbilanz

Angesichts der externen Zwänge sollten Entwicklungs- und Schwellenländer extrem aufpassen, keine Leistungsbilanzdefizite in Serie zu produzieren. Tun sie das, könnten ihre Währungen abwerten. Außerdem könnte die Inflation im Inland steigen und das reale Wirtschaftswachstum könnte stark gebremst werden. Auf den ersten Blick scheinen sich die asiatischen Industriemächte in dieser weltweiten Wirtschaftskrise widerstandsfähiger gezeigt zu haben, da sie ihre Leistungsbilanzüberschüsse aufrechterhalten haben. Insbesondere Taiwan und Südkorea weisen eine diesbezüglich solide Entwicklung vor.

Wir leben nicht in einer „normalen“ Zeit und im heutigen EM-Universum sollten Investoren auch die Nuancen im Blick haben. Der dramatische Verfall des Ölpreises und die Rezessionen im Inland könnten helfen, den Zahlungsbilanzdruck in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern zu mindern. Dem dürfte aber in vielen Ländern ein starker Rückgang der sogenannten Remittances (Geldüberweisungen ausländischer Gastarbeiter an ihr Heimatland) und des Tourismus entgegenstehen. Beispiele sind die Philippinen, Thailand, die Türkei und die großen Grenzmärkte.

Auslandsverschuldung

Das Länderrisiko (das Risiko, dass ein Land seine Schulden nicht mehr bedienen kann) variiert in den Entwicklungs- und Schwellenländern sehr stark zwischen Nettogläubigern und Nettoschuldnern in Bezug auf die Nettoauslandsverschuldung. Zu den Ländern, die ihr Länderrisiko unter Kontrolle haben, gehören Taiwan, Südkorea, Peru und Russland. Starke Kandidaten finden sich auch in Südostasien mit Thailand, den Philippinen und Vietnam.

Die Länder, die anfällig für ein höheres Länderrisiko sind, lassen sich unserer Ansicht nach genauso leicht identifizieren. Zu dieser Gruppe würden wir die Türkei und Südafrika als größere Volkswirtschaften sowie Ägypten und Pakistan als weniger weit entwickelte Volkswirtschaften zählen. Die Länder mit dem unserer Meinung nach größten Länderrisiko finden sich erneut vor allem in Argentinien, Ecuador und ein Großteil von Subsahara-Afrika. Hinsichtlich der Angemessenheit der Währungsreserven sind Russland, Peru, Taiwan und Südkorea am besten aufgestellt.

Welche Volkswirtschaften werden durch die Pandemie gegen die Wand fahren?

Wir befürchten, dass Südafrika einen gefährlichen Weg eingeschlagen hat und große Probleme bekommen könnte. Ein Grund dafür ist die nicht haltbare Dynamik der Haushaltsdefizite (die durch Risiken in staatseigenen Unternehmen, denen sich die Regierung bislang nicht stellen mag, zusätzlich verschärft wird), ein anderer die außenwirtschaftlichen Anfälligkeiten und Strukturprobleme der Wirtschaft (strukturelle Leistungsbilanzdefizite, die nicht durch eine Währungsabwertung behoben werden können, da es dem Land an Wettbewerbsfähigkeit außerhalb des Rohstoffsektors fehlt). Hinzu kommen die sehr dürftigen Währungsreserven.

Und dann ist da natürlich noch die Türkei mit ihrer enormen Auslandsverschuldung, bedeutenden Währungsinkongruenzen (Währungsunterschieden zwischen Erlösen und Verbindlichkeiten) im Unternehmens- und Bankensektor und einer unrealistischen Wachstumssucht der Politik, die allein mit inländischen Ersparnissen nicht zu finanzieren ist.

Abgesehen von der Möglichkeit einer finanziellen Ansteckung glauben wir, dass die meisten der größeren Schwellenländer das Jahr 2020 als eine Art „Gap Year“ überstehen werden. Durchaus Sorgen bereitet uns allerdings die Möglichkeit, dass das strukturelle Wachstum in vielen der größeren Volkswirtschaften über 2020 hinaus ernsthaft beeinträchtigt sein wird. Diese Befürchtung ist in den Trends begründet, die wir derzeit beobachten – einem geringeren globalen Wachstum, strukturell schwächeren Rohstoffpreisen und den potenziell negativen langfristigen Folgen einer höheren Staatsverschuldung. Das reale Wachstumspotenzial vieler größerer Volkswirtschaften der Emerging Markets wie Brasilien, Mexiko, Indien und Russland könnte auf Jahre hinaus geschwächt sein – es sei denn, diese Länder setzen drängende Strukturreformen um.

In einer stark gebremsten Weltwirtschaft werden die wirklichen Wachstumsgewinner unserer Ansicht nach fast ausschließlich in Asien zu finden sein.

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