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LG Hamburg sagt Mehrfachagenten dürfen nicht mit Unabhängigkeit werben

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Nach Auffassung des LG Hamburg sind Versicherungsvertreter, respektive Mehrfachagenten / Mehrfirmenvertreter, nicht unabhängig. Gegenstand der Klage war unter anderem das Verbot, sich unter Bezugnahme auf die konkreten Darstellungen als unabhängig zu bezeichnen: Hierdurch der falsche Eindruck erweckt werde, dass die Beklagte rechtlich im Lager des Kunden tätig sei – während sie als Mehrfachagentin tatsächlich im rechtlichen Lager des Versicherers stehe. Die in Rede stehenden Darstellungen sind geeignet, Verbraucher über die Eigenschaften des Unternehmens zu täuschen. Die Angabe „Unabhängigkeit aus Prinzip!“ ist irreführend, da dadurch eine rechtliche Unabhängigkeit suggeriert wird, die in Versicherungsangelegenheiten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.

„Unabhängig“ bedeutet aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, dass der Vermittler allein dem Versicherungsnehmer gegenüber vertraglich verpflichtet ist und in dessen Interesse tätig werden kann. Diese Erwartung wird jedoch enttäuscht, wenn der Vermittler vom Versicherer mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen beauftragt ist und für die Versicherung tätig wird. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob der Vermittler von einer oder von 100 Versicherungen beauftragt worden ist. In jedem Fall steht bei Abschluss des Versicherungsvertrags, für den sich der Versicherungsnehmer am Ende entscheidet, im Lager der Versicherung, so die Auffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Das Urteil ist angebracht, denn Versicherungsvertreter stehen nun mal rechtlich im Lager des Versicherers und gerade nicht im Lager des Kunden. Der Auftraggeber ist bei Vertretern – also sowohl beim Einfirmenvertreter, also auch beim Mehrfirmenvertreter - der Versicherer und gerade nicht der Kunde. Das ergibt sich auch aus dem Gesetz, nämlich aus Paragraf 59 Absatz 2 VVG (Klarstellung des Auftraggebers des Vertreters) sowie aus Paragraf 70 VVG (Wissenszurechnung des Vertreters).

Das LG Hamburg hatte sich in einem anderem ähnlichen Sachverhalt ebenfalls mit der rechtlichen Frage befasst, ob Versicherungsvertreter mit dem Angebot einer „unabhängigen Beratung“ werben dürfen. Auch in dem dortigen Verfahren hat das Gericht dies verneint (LG Hamburg vom 25. Mai 2020 - 327 O 445/19). Vor diesem Hintergrund sollte sorgsam mit Werbung „Unabhängigkeit“ umgegangen werden, denn dieses bietet Raum für rechtliches Streitpotential.

 
Über den Autor:
Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Jöhnke ist Partner der Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Jöhnke & Reichow. Die Kanzlei wird zum Bereich Wettbewerbsrecht auf dem hauseigenen Vermittler-Kongress am 4. Februar 2021 in Hamburg referieren. Informationen zur Agenda finden Sie unter www.vermittler-kongress.de.

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