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Aktualisiert am 29.12.2020 - 11:16 Uhrin Recht & SteuernLesedauer: 5 Minuten

OLG Köln und LG Frankfurt So urteilten zwei Gerichte zu Beitragserhöhungen in der PKV

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Es reicht insofern nicht aus, wenn in Informationsblättern allgemein darauf hingewiesen wird, dass eine Veränderung einer der beiden genannten Rechnungsgrundlagen eine Prämienanpassung auslösen kann, ohne klar darauf hinzuweisen, welche geänderte Rechnungsgrundlage für die konkrete Prämienerhöhung maßgeblich war. Eine bloße Erläuterung der allgemeinen gesetzlichen und tariflichen Grundlagen reicht nicht aus.

Der Versicherer muss aber nicht von sich aus detailliert die gesamte der Anpassung zugrundeliegende Kalkulation offenlegen und den Kunden auch nicht die Unterlagen, die dem Treuhänder bei seiner Prüfung vorlagen, überlassen. Begründet wird dies damit, dass es sich bei den Einzelheiten der Prämienberechnung um Betriebsgeheimnisse des Versicherers handelt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer könne diese ohnehin nicht nachvollziehen. Auch die Angabe der konkreten Höhe der Veränderung oder des sogenannten auslösenden Faktors ist nicht erforderlich. Denn für die Prämienerhöhung reicht es aus, dass die Veränderung den in den Versicherungsbedingungen oder im Gesetz festgelegten Schwellenwert übersteigt.

Die Begründung kann jederzeit nachgeholt werden, die Heilung tritt aber nur mit Wirkung für die Zukunft und unter Berücksichtigung der Zwei-Monats-Frist ein.

Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Verjährungsfrist beginnt mit Erhalt der Information, dass der Beitrag erhöht wird. Etwaige Rückzahlungsansprüche aus Jahren vor 2017 sind daher verjährt.

Fazit

Auf den ersten Blick scheinen die Urteile ein Erfolg für die Versicherten zu sein. Sie können die möglicherweise aufgrund eines Formfehlers bereits gezahlten Beiträge von ihrer Versicherung zurückverlangen. Führt man sich jedoch die Grundlagen der Beitragskalkulation in der PKV vor Augen, dann kommt man leicht zu dem Schluss, dass die Versicherten sich hierdurch letztlich selbst schaden.

Die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge in der PKV erfolgt nach dem sogenannten Äquivalenzprinzip. Dabei wird stets ein Kollektiv betrachtet, das zu Versicherungsbeginn gleichaltrig ist. In jedem einzelnen Kollektiv muss die Summe aus den Beitragseinnahmen über die gesamte Versicherungszeit die Summe aller zu erwartenden Versicherungsleistungen decken. Fallen Beitragseinahmen weg oder steigen die Ausgaben in einem Kollektiv, dann entsteht ein Fehlbetrag, der durch Beitragsanpassungen (BAP) ausgeglichen werden muss.

Es muss also davon ausgegangen werden, dass sämtliche Beiträge, die von den Versicherten zurückgefordert werden, in Zukunft auf die Beiträge aufgeschlagen werden, also mit höheren Beiträgen zu rechnen ist.

Wichtig: Nicht die Tatsache, dass und in welcher Höhe die Beiträge erhöht worden sind, wurde bemängelt, sondern lediglich die mangelhafte Begründung der Beitragserhöhung in der Mitteilung an den Kunden. Von unrechtmäßigen Beitragserhöhungen kann daher nicht die Rede sein. Und es muss grundsätzlich auch in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die jeweilige Begründung mangelhaft war. Die beiden Urteile sind keinesfalls allgemeingültig für alle Beitragsanpassungen aller Versicherer.


Über die Autorin:
Sarah Lemke ist Syndikusanwältin bei Netfonds. Die Hamburger Unternehmensgruppe betreibt einen Maklerpool sowie ein Haftungsdach und ist gleichheitig Mehrfachagent und Vermögensverwalter.

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