Corona am Häusermarkt So kommt die Immobilienbranche durch die Pandemie
Immobilien galten schon immer als reizvolle Anlageklasse. Mit den gesunkenen Zinsen haben sie bei vielen Anlegern aber erst richtig an Beliebtheit gewonnen. Institutionelle Investoren in aller Welt stocken den Immobilienanteil in ihren Portfolios stetig auf. Daran hat auch Covid-19 nichts geändert. Die Immobilienquote der deutschen Versicherer beispielsweise hat laut aktuellem Trendbarometer der Unternehmensberatung EY mit 11,5 Prozent ein neues Hoch erreicht „Immobilienanlagen mit stabilem Cashflow sind für die Assekuranz im Niedrigzinsumfeld unabdingbar, um Garantiezinsversprechen weiterhin einhalten zu können. Die Corona-Pandemie steigert die Attraktivität risikoarmer Immobilien-Investments sogar noch“, skizziert Dietmar Fischer, Partner bei EY Real Estate, die Situation, in der sich nicht nur Versicherer befinden. Auf der Suche nach halbwegs sicherer Rendite und steten Erträgen strömt das Kapital in die Immobilienmärkte – und treibt die Preise.
So ganz kalt gelassen hat die Pandemie die Immobilienbranche allerdings nicht – selbst im Investmentbereich nicht. Das Transaktionsvolumen ist 2020 gegenüber dem Vorjahr in Europa laut Immobilienberatung CBRE um rund 17 Prozent gesunken, für Deutschland vermeldet der Immobilienberater JLL einen Rückgang um 11 Prozent. Dies lag nicht unbedingt am gesunkenen Interesse der Investoren, vielmehr sorgten auch die eingeschränkten Kontakt- und Reisemöglichkeiten dafür, dass weniger Deals zustande kamen. Auch im ersten Halbjahr 2021 sieht es noch nicht viel besser aus. Ein Minus von 20 Prozent hat JLL gegenüber dem Vorjahreszeitraum errechnet. „Am deutschen Immobilien-Investmentmarkt sind die zahlreichen positiven Nachrichten noch nicht vollumfänglich angekommen“, urteilt Jan Eckert, Leiter Capital Markets bei JLL für die DACH-Region.
Auch wenn Corona die Immobilienbranche im Ganzen nicht so hart getroffen hat wie andere Branchen, lohnt ein Blick unter die Oberfläche. Denn die Pandemieauswirkungen auf die einzelnen Nutzungsarten unterscheiden sich gravierend. Die großen Verlierer sind Hotels und Einzelhandel – vor allem in den Haupteinkaufsstraßen und Shoppingcentern. Hier dürfte es zu größeren Wertanpassungen bei den Objekten kommen. Supermärkten und Fachmarktzentren hat die Pandemie übrigens nicht geschadet. Sie zählen weiterhin zu den Lieblingen der Investoren.
Auf der Gewinnerseite stehen ebenfalls Logistik- und Wohnimmobilien. Der Boom bei Logistikimmobilien hat sich während der Lockdowns noch beschleunigt, und auch bei Wohnhäusern scheinen krisenbedingte Wertverluste eher unwahrscheinlich. In diesen beiden Segmenten scheint im Immobilienklima der Deutschen Hypo,as die Einschätzung von Marktexperten widerspiegelt und als Frühindikator für die Branche dient, da- her auch die Sonne, während Hotels und Einzelhandel weiterhin mit Unwetter zu kämpfen haben.
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Dazwischen befinden sich Büroimmobilien, der für Investoren neben Wohnimmobilien wichtigste Markt. Ein großes Fragezeichen ist beispielsweise die künftige Nutzung von Homeoffice und ihre Auswirkungen auf die benötigten Büroflächen. Einig sind sich Marktexperten weitgehend, dass 1a-Lagen deutlich weniger betroffen sein werden als die Peripherie. Während in einer EY-Umfrage 84 Prozent mit stagnierenden oder gar steigenden Preisen für Büroflächen in Top-Lage rechnen, sehen 77 Prozent die Preise in dezentralen Lagen fallen.
Auch für private Anleger können Büros eine wichtige Rolle spielen – zumindest wenn sie in offene Immobilienfonds investiert haben. 8,3 Milliarden Euro Nettomittelzuflüsse verzeichneten die Fonds nach BVI-Statistik im vergangenen Jahr – nach 10,6 Milliarden Euro 2019. In den meisten dieser Fonds dominiert das Bürosegment. Auch 2020 floss laut einer Auswertung von Scope mit 52 Prozent am meisten Geld in den Ankauf von Büro-Objekten, allerdings waren es im Vorjahr noch 61 Prozent. Der Anteil von Logistikimmobilien ist dafür sprunghaft auf 18 Prozent gestiegen. Einzelhandelsobjekte wurden weitgehend verschmäht.
Zwar gab es 2020 bei den offenen Immobilienfonds keinen Kurseinbruch wie bei den meisten Wertpapierfonds, die Performance-Aussichten haben sich dennoch etwas verdüstert. Denn einige Mietausfälle wie auch die eine oder andere Wertberichtigung wird es künftig bei den Fondsimmobilien geben. Schon 2020 ist bei den 15 von Scope analysierten offenen Immobilienfonds die durchschnittliche Wertentwicklung auf 2,1 Prozent gefallen, die Spanne reichte von minus 1 bis plus 5,2 Prozent. 2019 gab es im Schnitt noch 3,2 Prozent Zuwachs. Für dieses Jahr rechnen die Scope-Analysten nur noch mit rund 1,5 Prozent. Den Free Lunch gibt es eben nirgends mehr.