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Anleihe-Experte gibt Ausblick Anleger fordern höhere Risikoprämien

Von Aktualisiert am in UnternehmenLesedauer: 4 Minuten
Werk von General Motors in China
Werk von General Motors in China: In der Automobilbranche ist der Rückgang der Nachfrage bereits spürbar. | Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Die geopolitischen Risiken sind nach wie vor hoch, da die Hoffnungen auf eine rasche Beilegung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine schwinden. Auch die Inflation bleibt hartnäckig hoch. Erstmals seit über 40 Jahren scheint eine zweistellige Inflationsrate selbst in den entwickelten Märkten keineswegs ausgeschlossen zu sein. Unterdessen wächst das Risiko von Energieengpässen in Europa. In Deutschland scheint eine Rationierung von Gas unvermeidlich, und daneben soll die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Gasumlage Stadtwerken und Gasversorgern eine schnellere Weiterbelastung höherer Gaspreise an Verbraucher ermöglichen.

Und schließlich sind die Sorgen um Covid mit einem Anstieg der Fälle in ganz Europa und den USA auch noch nicht ausgestanden. Angesichts der anhaltenden Unterbrechungen der Lieferketten, des Arbeitskräftemangels und des Drucks auf die Rohstoffpreise scheint eine Rezession unvermeidlich zu sein. Denn die geldpolitischen Pläne der Zentralbanken konzentrieren sich auf die Eindämmung der Inflation, auch auf die Gefahr hin, das Wachstum abzuwürgen.

Nachfrage nimmt in einigen Branchen bereits ab

Trotz des sich verschlechternden makroökonomischen Bildes bleiben die Fundamentaldaten der Unternehmen vorerst günstig: Das operative Geschäft ist robust und viele Unternehmen können steigende Inputkosten selbst bei zweistelligen Preissteigerungen weitergeben. Allerdings wächst die Sorge, dass die Nachfrage nachlässt, wenn die Kosteninflation zu einem Rückgang des Konsums führt. In einigen Fällen, wie etwa in der Autoindustrie, ist dies bereits zu beobachten.

Derzeit sind die Ausfallerwartungen noch niedrig, da die Unternehmen von einer relativ starken Position aus starten, aber die Richtung des Wirtschaftswachstums wird immer ungewisser. Der Markt beginnt, Ausfallraten zu prognostizieren, die sich zwischen 2023 und 2024 dem Bereich von 3 Prozent annähern. Die technischen Daten haben sich im letzten Monat weiter abgeschwächt, da der Handel mit risikoreicheren Krediten auf der Angebotsseite schwierig bleibt.

 
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Da die Zentralbanken ihre Anleihekaufprogramme beenden und auch vor Zinserhöhungen von mehr als 50 Basispunkten nicht zurückschrecken, liegt die Marktvolatilität weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt. Die Staatsanleihenrenditen sind seit Jahresbeginn stark gestiegen und auch die Renditekurven durch die Unsicherheit stark in Bewegung. In Anbetracht der Marktturbulenzen war der Primärmarkt in den vergangenen Wochen weitgehend geschlossen, und es gibt Anzeichen, dass die Banken die Preise für neue Emissionen deutlich höher ansetzen, um kostspielige fremdfinanzierte Übernahmen zu vermeiden.

Bei Hochzinsanleihen steigen die Risiken

Die Spreads europäischer Hochzinsanleihen haben sich im bisherigen Jahresverlauf um 300 Basispunkte ausgeweitet, was die breiteren Risiken für die Anlageklasse widerspiegelt. Die Spreads lagen Mitte Juli bereits um 1,7 Standardabweichungen über den langfristigen Durchschnittswerten, wohingegen die kurzfristigen Kreditrisiken begrenzt zu sein scheinen.

Die Anlageklasse scheint angesichts der aktuellen Aussichten immer noch eher fair als günstig bewertet zu sein. Selbst wenn sich die Spreads für europäische High-Yield-Bonds stabilisieren sollten, könnten die Renditen zusammen mit den Renditen der zugrunde liegenden Staatsanleihen steigen. Daher verlangen die Anleger weiterhin höhere Liquiditätsprämien für die wenigen Emissionen, die es auf den Markt geschafft haben. Das globale Risikosentiment ist weiterhin eine treibende Kraft für den Markt.

Insgesamt stehen den positiven Fundamentaldaten der Unternehmen geopolitische Risiken, sich verschlechternde Wirtschaftsaussichten und ein schwächeres technisches Bild aufgrund einer restriktiveren Politik der Zentralbanken gegenüber. Anleger sollten sich vor Augen führen, dass zusätzliche Risikoprämien gerechtfertigt sein könnten und dass die derzeitigen Spreads nur einen begrenzten Ausgleich für mögliche Fehler der Zentralbanken oder eine unerwartet starke Konjunkturabschwächung bieten. Allerdings bieten Unternehmen mit soliden operativem Geschäft mittelfristig durchaus attraktive Renditen.

Über den Autor:
Roman Gaiser ist als Anleihechef bei Columbia Threadneedle für die Regionen Europa, Naher Osten und Afrika zuständig. Zu seinen früheren beruflichen Stationen zählen unter anderem Pictet Asset Management und BMO Global Asset Management.

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