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Umdenken ist angesagt Wie Stiftungen trotz niedrigster Zinsen erfolgreich Geld verwalten können

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In der Ertragserwartung in Sachen klassische Anleihen/Aktienstrategien liegt Stüllenberg auf einer Linie mit J.P. Morgan. J.P. Morgan prognostiziert bei 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Bonds eine durchschnittliche Rendite von 2,7 Prozent p.a. auf die nächsten zehn bis 15 Jahre. Da die meisten Stiftungen in Strategien investieren, die konservativere Anleihen/Aktien-Quoten haben, würden deren Ertragsaussichten im Vergleich noch tiefer liegen – vor Kosten.

Sinnvolle Satzungsänderungen können mehr als helfen

Auf der Suche nach geeigneten Verwaltern ist Stüllenberg in den letzten Wochen tatsächlich vorangekommen. Er ist sich aber auch bewusst darüber, dass selbst die überzeugenden Vermögensverwalter und Vermögensverwaltungskonzepte nicht zaubern können. „Um weiterhin mit ausreichender Finanzkraft alle uns wichtigen Projekte finanzieren zu können, haben wir bereits vor über drei Jahren eine bestimmte Änderung in unserer Satzung durchgeführt. Sie ist auf den ersten Blick zwar ungewöhnlich, macht uns aber am Ende deutlich unabhängiger von den Erträgen aus der Verwaltung. “

In der Stiftungssatzung heißt es seit 2016 unter anderem: „Zur kontinuierlichen Erfüllung der Stiftungszwecke darf für die Mittelverwendung auf den Kapitalstock zugegriffen werden.“ Dieser Satz hat es in sich. Normalerweise dürfen nur Verbrauchsstiftungen für die Mittelverwendung auf den Kapitalstock zurückgreifen. Wie oben bereits geschrieben, sieht zwar eine der geplanten gesetzlichen Regelungen die Möglichkeit vor, temporär zu Lasten des Grundstockvermögens Gelder für die Stiftungszwecke zu entnehmen – mit der strikten Auflage, den entnommenen Betrag in absehbarer Zeit wieder zurückzuführen. Die Satzung der Stüllenberg Stiftung geht noch einen Schritt weiter: Die Rückführung des entnommenen Kapitalstocks ist erst dann verpflichtend, wenn über die für die Stiftungszwecke erwirtschafteten Erträge hinaus Überschüsse entstehen.

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„Bei unserer Analyse, die wir auch als Anlage zur Stiftungssatzung festgehalten haben, haben wir genau festgehalten, warum wir keine Alternative zu dieser Vorgehensweise sehen“, so Stüllenberg. „Wir kamen zu dem Ergebnis: Wenn in der gegenwärtigen und auf unabsehbare Zeit anhaltenden Situation nicht beide Wesensgebote einer gemeinnützigen Stiftung (Kapitalerhalt, Umsetzung Stifterwille/Erfüllung Stiftungszwecke) befolgt werden können, stellt sich die Frage nach der Priorisierung beider Gebote.“ Das Fazit der Analyse der Stüllenberg Stiftung lautete damals:

Wenn finanzmarktbedingt gemeinnützige zur Zweckerfüllung auf Erträge des Stiftungskapitals angewiesene Körperschaften (unverschuldet und vorübergehend) keine Erträge erwirtschaften können, ist die Duldung des kriteriumgebundenen Rückgriffs auf den Kapitalstock zur Zweckerfüllung das mildere Mittel gegenüber dem Stillstand und der folgenden Auflösung der Körperschaft (Stiftung).

Im Ergebnis konnte der Stiftungsvorstand sein Ziel erreichen. „Die Stiftungsbehörde sowie das Finanzamt davon zu überzeugen, unsere Satzungsänderungen zu akzeptieren, war natürlich nicht einfach. Aber am Ende hat sich der Aufwand gelohnt, und wir konnten die Widerstände mit unseren sinnvollen Argumenten auflösen“, so Stüllenberg.

Fazit

Die geplanten gesetzlichen Anpassungen des Stiftungsrechts kommen zur richtigen Zeit. Sie alleine werden allerdings nicht ausreichen, um Stiftungen eine langanhaltende Niedrigzinsphase unbeschadet überstehen zu lassen. Dabei steht nicht nur die Zukunft vieler Stiftungen auf dem Spiel, sondern auch die von Stiftungen finanzierten gemeinnützigen Projekte. Mehr denn je wird es in Zukunft daher auf die Arbeit der Stiftungsorgane ankommen. Mit der richtigen Einstellung und einer sinnvollen Zusammenarbeit mit geeigneten Fachleuten steigt die Wahrscheinlichkeit, die widrigen Umstände zu überstehen.


Über den Autor:
Andreas Beys ist Finanzvorstand des Kölner Dachfondshauses Sauren. Er ist außerdem Mitglied im Steuerausschuss und im Altersvorsorgeausschuss des deutschen Fondsverbands BVI.

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