LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in KonjunkturLesedauer: 4 Minuten

Baader-Bank-Chefanalyst über Handelskonflikte Trumps Pöbelei gegen Europa nutzt sich ab

Seite 2 / 2

Auf der anderen Pazifikseite spielt Trump vordergründig den Boxer, der sich – ähnlich wie Rocky Balboa gegen Ivan Drago – Amerikas Handelsfeinden widersetzt. Angesichts des Amtsenthebungsverfahrens und Präsidentschaftswahlkampfs will er unbezwingbar wirken. Doch hinter der polternden Fassade weiß Trump, dass er China nicht kampfunfähig machen kann wie seine Banken und Handwerker während der Immobilienkrise. Damit schlägt er sich selbst auf die Zwölf. Allein schon wegen der Abhängigkeit von Zulieferprodukten kann Amerika China kaum ersetzen. Und auch in Amerika klappert die Mühle nicht ohne den rauschenden Bach der Weltkonjunktur. Ohne gute Konjunktur und einen robusten Aktienmarkt klappert erst recht nicht die Mühle seiner Wiederwahl. Ein US-Präsident kann Alleinunterhalter sein, ein Alleinherrscher ist er nicht. 

Ebenso nutzt sich Trumps Handels-Pöbelei gegen Europa ab. Tatsächlich scheinen Zölle für europäische Autos vom Tisch zu sein, deren Einführungsfrist der US-Präsident klammheimlich verstreichen ließ. Trump kann es geopolitisch nicht schmecken, wenn sich die EU von Washington weg- und zu Peking hinbewegt.  Eine Weltmacht ohne Satelliten ist wie ein ungeschmückter Weihnachtsbaum.

Handelsbaisse läuft aus, Liquiditätshausse läuft weiter

Bis zu einem endgültigen Handels-Deal werden Anleger „noch viele Säcke Salz fressen müssen“. Und selbst die Unterzeichnung eines „Phase Eins“-Deals mit wirklich getrockneten Unterschriften ist langatmig wie das Warten der Kinder auf die Bescherung an Heiligabend.   

Zunächst jedoch, wo kein finales Ende des Handelskonflikts, da auch kein Ende der Happy Hour von Fed, EZB und Co. Jeder konjunkturelle Kälteeinbruch wird durch die Durchlauferhitzer der Geldpolitik aufgewärmt. 

Grundsätzlich ist die friedliche handelspolitische Koexistenz eingeleitet. So lange man miteinander spricht, wird nicht mit weiteren Zollanhebungen geschossen. „Schlimmer geht’s also nimmer“. Diese stabile Seitenlage nimmt der Weltkonjunktur Unsicherheit und gibt Unternehmen mehr Planungssicherheit. Überhaupt, Google lügt nicht: Nach dem Hochpunkt Mitte August hat die Suchhäufigkeit des Begriffs „Rezession“ dramatisch nachgelassen. 

Ich weiß nicht, ob Handelsfrieden zum Börsen-Wort 2020 wird. Ich bin aber frohen Mutes, dass es nicht „Crash“ sein wird.


Über den Autor:
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frankfurt.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion