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Aktualisiert am 16.06.2023 - 09:58 Uhrin VersicherungenLesedauer: 6 Minuten
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Wohngebäudeversicherungen
Braucht Deutschland eine Versicherungs-Pflicht gegen Naturkatastrophen?
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Wohngebäudeversicherungen Braucht Deutschland eine Versicherungs-Pflicht gegen Naturkatastrophen?

Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder besuchte im Sommer 2002 Katastrophengebiete, die vom Hochwasser der Elbe betroffen waren, in Regenjacke und Gummistiefeln.
Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (3.v.r.) besuchte im Sommer 2002 sächsische Katastrophengebiete, die vom Hochwasser der Elbe betroffen waren, in grüner Regenjacke und schwarzen Gummistiefeln: Die Teilnehmer der diesjährigen BdV-Wissenschaftstagung diskutierten „Lösungen jenseits der Gummistiefelpolitik“ wie Pflichtversicherungen gegen Elementarschäden. | Foto: Imago Images / localpic
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Der Bund der Versicherten (BdV) fordert „Lösungen jenseits der Gummistiefelpolitik“. Das betonte der rund 45.000 Mitglieder zählende Verein aus Hamburg jetzt bei seiner 33. Wissenschaftstagung, die sich voll dem Thema Elementarschadenversicherung widmete. „Die facettenreichen Vorträge und die angeregten – teils kontroversen – Diskussionen haben noch einmal deutlich gezeigt: Schnellstmöglich eine verbindliche Lösung zu finden, ist elementar“, zieht BdV-Vorstandssprecher Stephen Rehmke als Fazit der Impulse von insgesamt acht externen Experten aus Forschung und Verbraucherschutz zu Versicherungsfragen während der zweitägigen Konferenz. 

Stephen Rehmke ist Rechtsanwalt und Sprecher des BdV-Vorstands.
Stephen Rehmke © BdV

Deren theoretisch wünschenswerten Ideen für besseren Versicherungsschutz gegen Naturgefahren müssten nun „rechtssicher und verbraucherfreundlich“ in die Praxis umgesetzt werden, fordert Rehmke. „Dafür werden wir uns weiterhin stark machen“, kündigt der Jurist an, dessen Arbeitgeber sich als „wichtiges politisches Gegengewicht zur Versicherungslobby“ versteht. Für ihn sei klar, dass eine verpflichtende Versicherung gegen Naturgefahren „geboten und verfassungsrechtlich gerechtfertigt“ ist. Denn Eigenheimer müssten finanziell gegen zerstörerische Naturgewalten abgesichert sein. Und gesamtgesellschaftlich sei ein rascher Wiederaufbau wünschenswert. 

Versicherer setzen auf Prävention statt Pflicht 

Anja Käfer-Rohr­bach, stell­ver­tre­tende Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin beim Gesamt­ver­band der Deut­schen Ver­si­che­rungs­wirt­schaft (GDV)
Anja Käfer-Rohr­bach © GDV 

Hierbei müsse man auch auf Prävention achten, die laut Anja Käfer-Rohr­bach bereits bei der Stadtplanung beginnt. In der abschließenden Podiumsdiskussion erinnerte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) an die schweren Gebäudeschäden infolge des Sturmtiefs Bernd in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021. Heute würden lediglich 34 der betroffenen Häuser nicht wieder am gleichen Ort wieder aufgebaut, kritisiert sie mit Blick auf die potenziellen Gefahren durch zukünftige Unwetter als Folge des fortschreitenden Klimawandels. 

Das dürften die Gemeinden und Städte eigentlich gar nicht genehmigen, meint Käfer-Rohr­bach. Und weiter: „Die Länder machen es sich zu leicht, wenn sie eine Pflicht zur Versicherung gegen Elementarschäden fordern.“ Wie berichtet, stimmen die Ministerpräsidenten der Bundesländer diesem Plan Mitte 2022 zu. Doch Bundesjustizminister Marco Buschmann boykottierte das Vorhaben Ende vorigen Jahres. Denn eine Versicherungspflicht würde „Wohnen und Leben in Deutschland noch teurer“ machen, erklärte der FDP-Politiker. Daher halte er sie politisch für falsch und die Länder könnten ja selbst tätig werden – und beispielsweise den Bau von Schutzeinrichtungen fördern. 

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Ein Grund für die relativ hohe Versicherungsdichte in Baden-Württemberg ist, dass dort bis zum Jahr 1993 eine Versicherungspflicht gegen Elementarschäden bestand.

BdV: „Elementarschadenversicherung für alle“ 

Gert G. Wagner © DIW

Doch hierbei gebe es ein politökonomisches Problem, mahnt Gert G. Wagner, Senior Fellow beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin: „Präventive Maßnahmen kosten bereits heute viel Geld, benötigen aber eine lange Bauzeit und zeigen nicht sofort Wirkung.“ Damit sei die geringe Investitionsbereitschaft vieler Kommunalpolitiker erklärbar. Eine Versicherungspflicht hingegen sei sofort einführbar. Finanziert werden sollte die „Elementarschadenversicherung für alle“ laut einem BdV-Positionspapier aus dem März 2022 über einen Zuschlag auf die Grundsteuer, den alle Immobilieneigentümer ohne private Police zahlen sollen. 

BdV-Vorstandssprecher Rehmke rechnet mit einer breiten Akzeptanz der Menschen für diesen Vorschlag. Hierfür sei es auch wichtig, die Zivilgesellschaft in die politischen Prozesse stärker einzubeziehen, meint DIW-Forscher Wagner. Derzeit sei das Risikobewusstsein der Deutschen immer noch sehr gering – und damit auch die Bereitschaft, sich gegen Elementarschäden abzusichern. So liegt die Versicherungsdichte für Elementarschäden wie beispielsweise Starkregen, Hochwasser oder Überschwemmungen lediglich bei 50 Prozent. In Niedersachsen und Hamburg sind nur 30 Prozent der Häuser abgesichert, in Bremen sogar nur 28 Prozent. 

 

Um diese Quoten zu erhöhen, sei die Versicherungspflicht laut DIW und BdV erforderlich. Denn das sogenannte Nudging hin zu mehr Eigeninitiative sei nur „heiße Luft“ und helfe nicht weiter, steht zumindest für Wagner fest. Das Problem sei, dass ausgerechnet viele Besitzer von Bestandsbauten in Gefahrenzonen unterversichert seien: „Wenn keine private Lösung möglich ist, dass ist eine öffentlich rechtliche notwendig.“ Und Rehmke erlebte zwar einen kurzfristigen Ansturm von Anrufern aufgrund der TV-Bilder aus dem Ahrtal. Doch schon bald ebbte das Interesse wieder ab. „Kann es ein besseres PR-Mittel für eine freiwillige Elementarschadenversicherung geben?“ 

Braucht Deutschland eine Versicherungs-Pflicht gegen Elementarschäden?

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