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Ebase-Chef Rudolf Geyer 3 Zukunftstrends für Robo-Advisors in Deutschland

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Hilfe vom Berater

Auch im Bereich des Onboardings sowie der laufenden Verwaltung des Kundenkontos sind digitale Elemente erfolgversprechend. Diese müssen allerdings speziell an den Anforderungen der Kunden ausgerichtet sein und keine einfache digitale Kopie eines zuvor durch einen Berater durchgeführten Prozesses. Denn dieser kann an unterschiedlichen Stellen unterstützend zur Seite stehen und eben beraten. Entsprechende Online-Angebote müssen dagegen weitestgehend selbsterklärend sein.

Im Unterschied zum Portfoliomanagement und den Kundendialogen hat sich allerdings spätestens bei den Kommunikationswünschen des Kunden gezeigt, welch wichtige Rolle der menschliche Faktor nach wie vor für die Anleger spielt. So ist die Möglichkeit eines menschlichen Ansprechpartners, beispielsweise bei komplexen Fragen, in denen auch der beste Chat Bot nicht mehr weiter weiß, entscheidend.

Dies schafft beim Kunden vertrauen und gewährleistet darüber hinaus, dass auch alle Fragestellungen erfolgreich beantwortet werden können. Manche Robo-Advisors gehen inzwischen sogar so weit, dass sie anbieten, die Depoteröffnung vor Ort beim Kunden durch einen Berater durchzuführen.

Ein Robo-Advisor wird als digitales Produkt auch digital vermarket, oder?

Auch bei der Vermarktung der Robo-Advisor-Angebote hat sich gezeigt, dass die Zeit für eine rein digitale Vermarktung zur Erreichung einer breiten Masse an Kunden noch nicht ganz gekommen ist. Denn um die Kunden zu gewinnen, muss – neben der Bereitstellung eines attraktiven Angebotes mit einer entsprechenden Online-Präsenz – laufend in die Markenbekanntheit und die Auffindbarkeit des Angebotes, Stichwort SEA und SEO, investiert werden. Das setzt natürlich voraus, dass der Anbieter über die erforderlichen Marketing-Spendings verfügt.

Zudem müssen auch die bereits bei weniger digitalen Produkten wesentlichen Anforderungen bedient werden. So messen die Kunden auch bei Robo-Advisor-Angeboten Test-Siegeln von renommierten Prüfungsinstituten eine große Bedeutung zu. Hier sind diejenigen Anbieter im Vorteil, die dort mit ihren Leistungen punkten konnten. Zusammengenommen lässt sich daher festhalten, dass mehrere Touchpoints notwendig sind, um einen Interessierten schlussendlich auch als Kunden gewinnen zu können.

Diese Herausforderung ist sicherlich zu meistern, wobei vor dem Hintergrund der dabei speziell bei der Kundengewinnung entstehenden Kosten jedoch auch eine sinnvolle ökonomische Abwägung stattfinden muss. Hierbei ist es entscheidend, in welchem Maße eine Skalierung der organische Kundengewinnung durch eine Steigerung der Ausgaben möglich ist.

Kundengewinnung

Auf Basis der letzten fünf Jahre lassen sich dabei zwei Erkenntnisse festhalten: Zum einen ist eine organische Neukundengewinnung möglich und kann durch unterschiedliche Maßnahmen unterstützt werden, wie beispielsweise sinnvolle Referrer oder auch eine konsequente Weiterentwicklung der Dialoge zur Optimierung der Conversion. Die Anzahl der hierdurch zu gewinnenden Kunden und Volumina ist jedoch, im Vergleich zum Gesamtmarkt, überschaubar. Bei einer ausschließlichen Positionierung als B2C-Robo-Advisor ist es daher durchaus eine Herausforderung, die für einen kostendeckenden Betrieb erforderliche kritische Masse zu erreichen.

Zum anderen sind auch bei einem digitalen Angebot klassische „physische“ Formate, wie Messen und Kunden-/Interessentenveranstaltungen wichtig. Nur so können die Menschen hinter der Maschine kennengelernt werden, was nach wie vor ein wichtiges Element zum Vertrauensaufbau ist.

Der größte Hebel zur Kundengewinnung ist jedoch die Konvertierung von Bestandskunden. Dies kann einerseits, im Falle von bereits etablierten Anbietern, die einen Robo-Advisor als Ergänzung ihres eigenen Angebotes starten, aus dem eignen Kundenbestand erfolgen. Andererseits kann ein entsprechender positiver Effekt auch durch Kooperationen erreicht werden. Einige wenige Beispiele im Markt haben die entsprechenden Potenziale eindrucksvoll belegen können. Bleibt am Ende vielleicht die Frage, wie attraktiv sich der ökonomische Rahmen für alle Beteiligten darstellt?

Robo-Advisors haben sich mittlerweile in der Breite etabliert, oder?

Nimmt man die Präsenz des Themas Robo-Advice in der Finanzbranche oder auch den Medien als Maßstab, könnte man meinen, das Thema sei mittlerweile weithin bekannt. Eine aktuell in unserem Auftrag durchgeführte repräsentative Befragung unter 1.000 Deutschen zum Thema Robo-Advice zeigt aber eindeutig, dass dies nicht der Fall ist. Nur rund 20 Prozent der Deutschen geben an, den Begriff überhaupt zu kennen.

Damit ist es noch ein weiter Weg, bis Robo-Advisors als Geldanlagemöglichkeit im „Relevant Set“ der Anleger, wie man mittlerweile sagt, angekommen sind. Mit einer wachsenden Bekanntheit des Themas werden dabei sicherlich auch die Möglichkeiten zur organischen Gewinnung von Neukunden über Online-Kanäle zunehmen.

Wie geht es also weiter?

Bei einem Blick in die Zukunft lassen sich drei Haupttendenzen ausmachen. Erstens wird der Markt die Sturm-und-Drang-Phase verlassen. In diesem Zusammenhang wird zum einen die Anzahl der Anbieter perspektivisch nicht mehr massiv ausgebaut und auch speziell die Dynamik bei Marktstarts von reinen Fintechs nachlassen. Zudem wird mit den wachsenden Track Records auch mehr und mehr die zentrale Komponente der Leistungsfähigkeit der digitalen Vermögensverwalter, die Performance, in den Fokus der Diskussion rücken. Denn schlussendlich ist diese das für den Kunden entscheidende Kriterium.

Zweitens werden mehr und mehr Anbieter aufgrund der Herausforderungen der Kundengewinnung im B2C-Geschäft versuchen, sich auch als B2B-Anbieter zu positionieren. So können über Kooperationen neue Volumen erschlossen werden. Spannend wird es hier zu sehen sein, wie die Erträge der bereits heute teilweise aus Margensicht sehr knapp gepreisten Produkte zwischen dann noch mehr Parteien verteilt werden, sodass alle zufrieden sind.

Drittens wird es zu einer Konvergenz zwischen Robo-Advice und klassischer Vermögensverwaltung kommen. Robo-Advisor bilden dabei die Speerspitze der digitalen Angebote, jedoch dürften auch bei klassischen Angeboten digitale Bausteine an Bedeutung gewinnen.

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