Neubau- oder Bestandswohnung? Mit den stark gestiegenen Strom- und Gaspreisen sowie neuen Vorschriften für Sanierungen rückt die Energieeffizienz einer Immobilie stärker ins Bewusstsein von Kaufinteressenten – besser schneiden dabei in aller Regel neugebaute Häuser ab. Dafür müssen Käufer im Vergleich zu einer Bestandswohnung meist draufzahlen. Wie hoch die Aufschläge ausfallen, ist regional aber sehr unterschiedlich, zeigt eine aktuelle Auswertung der Postbank. Während Immobilieninteressenten in einigen Städten und Landkreisen für eine zwischen 2020 und 2022 fertiggestellte Neubauwohnung nur wenig mehr bezahlen müssen, sind die Preisunterschiede je nach Baujahr an anderen Orten erheblich.

Die Analyse, für die das Ham­bur­gi­sche Welt­wirt­schafts­in­sti­tut (HWWI) im Auftrag der Postbank Im­mo­bi­li­en­an­ge­bo­te für 70 Quadratmeter große Eigentumswohnungen in den 400 Land­krei­sen und kreis­frei­en Städ­ten Deutsch­lands ausgewertet hat, zeigt: Vor allem in bayerischen Ferienregionen sowie Großstädten sind Neu­bau­ten deut­lich teu­rer als Be­stands­woh­nun­gen. Im teuersten Landkreis liegt der Preisaufschlag sogar bei mehr als einer halben Million Euro. Neben einigen Metropolen sind unter den Top Ten auch mittelgroße Städte zu finden. Viele dieser sogenannten Mittelstädte haben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt.

 

Bundesweit beträgt der Preisaufschlag für eine Neubauwohnung im Vergleich zum Bestand über alle Landkreise und Städte hinweg im mitt­le­ren Preis­seg­ment 115.278 Eu­ro. Bei hochpreisigen Immobilien, zu denen laut Auswertung die teu­ers­ten zehn Pro­zent al­ler An­ge­bo­te zählen, ist der Preis­ab­stand mit 95.190 Eu­ro ge­rin­ger.

Nur geringe Aufschläge: In 31 Regionen macht das Bau­jahr kaum ei­nen Preis­un­ter­schied

In 31 Landkreisen und Städten Deutschlands liegen die Aufpreise dagegen unter 1.000 Euro pro Quadratmeter – für eine 70 Quadratmeter große Neubauwohnung im mittleren Preissegment werden damit maximal 70.000 Euro mehr verlangt als für einen Bestandsbau. Das trifft etwa auf die niedersächsischen Land­krei­se Leer, Witt­mund, Fries­land, Ve­ch­ta und Am­mer­land so­wie den Kreis Mar­burg-Bie­den­kopf in Hes­sen zu.

Die ge­rings­te Preis­dif­fe­renz be­steht im Land­kreis Dith­mar­schen in Schles­wig-Hol­stein. Dort liegt die Neubau-Prämie insgesamt nur bei knapp 2.700 Eu­ro – Bestandswohnungen kosten dort im Schnitt 4.462 Eu­ro pro Qua­drat­me­ter, für einen Neubau werden Quadratmeterpreise von 4.500 Eu­ro verlangt.

Gute Lagen bereits bebaut: An der Nordsee sind Bestandswohnungen teurer als Neubauten

Es gibt allerdings auch Regionen, in denen Käufer für Bestandswohnungen mehr bezahlen müssen als für einen Neubau. Das liegt daran, dass in Ferienregionen am Meer viele gute Lagen bereits bebaut sind, heißt es in der Postbank-Analyse. Das gelte et­wa an der Nord­see in den Land­krei­sen Nord­fries­land in Schles­wig-Hol­stein und Au­rich in Nie­der­sach­sen.

 

So zahlen Käufer einer 70 Quadratmeter großen Eigentumswohnung in Nord­fries­land mit den Nord­see­inseln Am­rum und Sylt im Durch­schnitt 248.560 Eu­ro mehr als für eine Neu­bau­wohnung. Im Kreis Aurich, zu dem die In­seln Lan­geoog und Spie­k­eroog gehören, sind es noch 12.443 Eu­ro. Aufschläge von wenigen tausend Euro für Bestandswohnungen müssen Käufer noch an der Ostsee im Land­kreis Ros­tock in Meck­len­burg-Vor­pom­mern hinnehmen – ausschlaggebend sind dort die Fe­ri­en­ge­bie­te Küh­lungs­born und Graal-Mü­ritz.

Neubau oder Bestandswohnung? Tipps vom Immobilienprofi

Für Käufer lohnt es sich, genau hinzuschauen und zu rechnen, meint Ma­nu­el Beer­mann, ver­ant­wort­lich für das Im­mo­bi­li­en­ge­schäft der Post­bank. Die hohen Preisaufschläge für Neubauten seien in Regionen wie an den Alpenseen oder am Meer auf ein ge­rin­ges An­ge­bot und eine ho­he Nach­fra­ge zu­rück­zu­füh­ren. „Be­stands­woh­nun­gen sind manch­mal selbst mit Um­bau- oder Sa­nie­rungs­kos­ten schlicht er­schwing­li­cher“, meint der Immobilienprofi.

Interessenten sollten jedoch vor dem Kauf Experten hinzuziehen, um mögliche Män­gel an Bau­sub­stanz, Elek­tro­in­stal­la­tio­nen oder Däm­mung zu ken­nen. „Sach­ver­stän­di­ge oder Gut­ach­ter kön­nen hel­fen, ver­steck­te Schwach­stel­len auf­zu­de­cken“, sagt Beer­mann. So könnten Käufer Sanierungskosten in ihre Kalkulation sowie mögliche Kaufpreisverhandlungen einbeziehen.

Für einen Neubau spricht, dass sich Käufer nicht mit teu­ren Re­no­vie­rungs­maß­nah­men auseinandersetzen müssen. „Da­zu kom­men mo­der­ne Grund­ris­se, neue Bä­der und Kü­chen so­wie wei­te­re An­nehm­lich­kei­ten“, so der Postbank-Experte. Ist die Wohnung noch nicht fertiggestellt, könnten Interessenten zudem oft noch Details mitgestalten. „Gleich­zei­tig birgt dies die Ge­fahr von Bau­ver­zö­ge­run­gen und Pla­nungs­än­de­run­gen und er­for­dert ei­ni­ges an Vor­stel­lungs­ver­mö­gen von Kauf­in­ter­es­senten“, meint Beermann.