Kaufpreis-Prognose bis 2035 In welchen Regionen die Immobilienpreise weiter steigen – und in welchen nicht
Jahrelang kannten die Immobilienpreise in Deutschland nur eine Richtung: nach oben. Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge haben sich Häuser und Eigentumswohnungen allein zwischen 2010 und 2021 um mehr als 80 Prozent verteuert. Glaubt man Immobilienexperten, gehören diese Preissprünge der Vergangenheit an. „Der Preis-Boom am Immobilienmarkt hat ein Ende“, heißt es im aktuellen Wohnatlas der Postbank, der auf Auswertungen des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) beruht. Die Kaufpreis-Prognose gibt an, in welchen Regionen die Immobilien-Experten reale, also inflationsbereinigte, Preiszuwächse oder -rückgänge erwarten.
Der Studie zufolge gehen die Immobilienpreise in fast der Hälfte aller 400 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland zurück – und liegen im Jahr 2035 um mindestens zwei Prozent unter heutigem Niveau. In jedem zehnten Gebiet stagnieren die Preise. Betroffen sind vor allem ländlich geprägte mitteldeutsche Regionen. Stärkere Preiseinbrüche erwarten die Experten in den ostdeutschen Bundesländern abseits der Großstädte.
Eigentumswohnungen in der Stadt Suhl und im Wartburgkreis in Thüringen werden von allen deutschen Regionen voraussichtlich am stärksten an Wert verlieren. Unter den Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern sind die Ruhrgebietsstädte Herne, Gelsenkirchen, Hagen, Duisburg, Oberhausen, Mühlheim an der Ruhr und Bochum sowie das nahegelegene Remscheid im Bergischen Land laut der Prognose von Preisrückgängen betroffen.
In 43 Prozent aller Regionen steigen die Preise weiter – aber nur moderat
Mit einem inflationsbereinigten Plus von mehr als 0,15 Prozent pro Jahr ist der Studie zufolge in 43 Prozent aller Regionen zu rechnen. Bis zum Jahr 2035 werde damit in diesen Städten und Landkreisen ein Kaufpreis-Anstieg um mindestens 2 Prozent erwartet. Das gilt laut Studie für weite Teile des südlichen und nordwestlichen Raums, die sieben größten Metropolen und ihr Umland sowie weitere Großstädte. Über alle Regionen hinweg prognostizieren die Experten steigende Kaufpreise in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein.
„Steigende Zinsen, Inflation und die damit schwächelnde Nachfrage lassen die Preise im Betrachtungszeitraum bis 2035 nicht mehr so stark steigen wie in den vergangenen Jahren“, sagt Manuel Beermann, Leiter Produktmanagement Immobilien bei der Postbank. Langfristig würde die Wertentwicklung auf dem Immobilienmarkt vor allem durch die demografischen sowie die wirtschaftlichen Entwicklungen einer Region bestimmt. „In Städten und Gebieten mit starkem Zuzug und vielen Arbeitsplätzen bleiben Eigentumswohnungen begehrt und die Preise ziehen weiter an“, so Beermann.
Top-Ten-Regionen bis 2035
(reales durchschnittliches Preiswachstum pro Jahr in Prozent)
- Potsdam: 2,71%
- Landkreis Erding: 2,13%
- Leipzig: 2,12%
- München: 2,08%
- Landshut: 1,98%
- Frankfurt am Main: 1,93%
- Landkreis Ebersberg: 1,86%
- Augsburg: 1,86%
- Landkreis Dachau: 1,82%
- Köln: 1,52%
Wachstumssieger unter den sieben größten deutschen Metropolen bleibt München. So wird der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen in Deutschlands derzeit teuerster Großstadt nach Berechnungen der Experten bis 2035 jährlich real nochmals um mehr als zwei Prozent wachsen. In der zweitteuersten Stadt Hamburg verlaufe die Preisentwicklung dagegen deutlich moderater. So sei in der Hansestadt mit einem Wertzuwachs von 0,29 Prozent pro Jahr bis in 12 Jahren zu rechnen, heißt es.
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Von den immer höheren Kauf- und Mietpreisen in den Großstädten haben in den vergangenen Jahren Städte und Gemeinden im Umland stark profitiert. Das zeigt sich auch bei den zehn Regionen mit dem höchsten erwarteten Preisanstieg bis 2035. Für die Stadt Potsdam sagt die Studie eine Zunahme von 2,71 Prozent pro Jahr voraus, für den Landkreis Erding 2,13 Prozent. „Die Attraktivität der Metropolregionen bleibt auch nach der Corona-Pandemie ungebrochen“, sagt Postbank-Experte Beermann. Wie die Beispiele München und Erding sowie Berlin und Potsdam zeigten, werden die Preise für Eigentumswohnungen im Umland sogar stärker steigen als in den Metropolen selbst.
Sechs der Top-Ten-Regionen liegen in der Nähe von München
Sechs der Top-Ten-Regionen mit den größten realen Preiszuwächsen pro Jahr liegen im Bundesland Bayern und damit in Reichweite von München. Dabei haben die Wohnungspreise in diesen Gegenden mit teilweise mehr 6.500 Euro pro Quadratmeter schon jetzt viele Metropolen überholt. In Berlin, Köln, Stuttgart und Düsseldorf bezahlten Käufer 2022 für eine Eigentumswohnung im Schnitt weniger als in den bayerischen Landkreisen Ebersberg und Dachau.
Die wachstumsstärkste Stadt Potsdam belegt mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 5.277 Euro einer Studie der Sparda Banken zufolge bereits heute den Spitzenplatz unter den teuersten mittelgroßen Städte Deutschlands. Auch andere Mittelstädte mit 100.000 bis 600.000 Einwohnern haben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Immobilien-Boom erlebt. Mancherorts sind Eigentumswohnungen mittlerweile deutlich teurer als in einigen Metropolen. „Generell sollten Kaufinteressierte Angebote in Großstädten und ihrem Umland besonders genau prüfen“, rät Experte Beermann. Nicht immer ließen sich kurz- oder mittelfristig noch Preiszuwächse erzielen und Eigentumswohnungen würden mitunter überteuert angeboten.
Moderate Preise, gute Aussichten: Wo sich jetzt ein Investment lohnt
Für Interessenten und Investoren könne es sich lohnen, nach Alternativen zu schauen. Ein gutes Beispiel sei Leipzig: In der sächsischen Stadt liegen die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen mit etwa 3.300 Euro noch auf recht moderatem Niveau und sollen laut der Kaufpreis-Prognose bis 2035 kontinuierlich weiter steigen. „Die sächsische Metropole ist ein Beispiel für potenzielle Investitionschancen: Vergleichsweise moderate Preise mit Aussicht auf Wertsteigerungen in den kommenden Jahren“, sagt Beermann.
Unter den kreisfreien Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern prognostizieren die Experten zudem für Dresden, Ingolstadt, Mainz, Münster, Darmstadt, Freiburg im Breisgau und Heidelberg sowie Jena positive reale Preisentwicklungen von mehr als einem Prozent pro Jahr. „Bei der rasanten Preisentwicklung in den Metropolen in den vergangenen Jahren rücken zunehmend weitere Großstädte in den Fokus, die bisher noch keine so extremen Sprünge gemacht haben“, meint der Experte. Darunter seien viele Studentenstädte mit vielfältigem Freizeitangebot und kurzen Wegen.
Insgesamt müssten Käufer genauer hinschauen, um Immobilien in Regionen mit positivem Preistrend zu finden. Im Einzelfall sei es wichtig, Ausstattung, Lage und Renovierungsstand zu berücksichtigen – das gelte mit Blick auf energetische Standards umso mehr. So dürfte die Energieeffizienz von Immobilien bei der Nachfrage und Wertentwicklung künftig eine größere Rolle spielen.
Im Maklergeschäft lässt sich das bereits beobachten: Bei Kaufinteressenten sorge das Thema Energieeffizienz für Unsicherheit, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei Von Poll Immobilien. „Die neuen Anforderungen und Sanierungspflichten bei Gebäuden beschäftigen die Kaufinteressenten zunehmend und verlängern die Vermittlung von Immobilien“, so der Experte. Der Beratungsbedarf sei stark gestiegen. „Ältere Bestandsbauten mit einer geringen Energieeffizienz haben es zunehmend schwerer – vor allem wenn die Energiepolitik weiter anzieht“, so seine Prognose.