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Investor Relations Der Ton macht die Musik – und die Erwartung den Aktienkurs

Börse in London
Börse in London: Die Selbstdarstellung von Unternehmen kann erheblichen Einfluss auf die Kursentwicklung haben | Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Ehrlichkeit ist Trumpf – wie in so vielen Bereichen gilt diese Weisheit auch im Feld der Investor Relations. Beziehungsweise: Sie sollte gelten. Denn sowohl Inhalt als auch Vorgehen in der Kommunikation börsennotierter Unternehmen spielen eine wichtige Rolle für die Glaubwürdigkeit und den Aufbau von Vertrauen gegenüber den Investoren.

Die Konzerne müssen eine Gratwanderung meistern: Einerseits wollen sie den Investoren die Kapitalmarktstory schmackhaft machen und damit Potenziale und Stärken aufzeigen, andererseits sollten dabei aber keine unrealistischen Erwartungen an die zukünftige Entwicklung geweckt werden.

 

 

 

Die Aktienkursentwicklung spiegelt kurzfristig meist die tatsächlich erreichte Gewinnentwicklung im Vergleich zur erwarteten Gewinnentwicklung wider. Die Erwartungen hingegen bilden sich im Laufe der Zeit durch Analysteneinschätzungen und die Positionierung der Investoren. Wichtig ist, dass Unternehmenslenker verstehen, dass sie durch ihre Außendarstellung selbst wesentlich zur Erwartungsbildung von Analysten und Investoren beitragen. Daher kann es negativ auf das Unternehmen zurückfallen, wenn die Potenziale in den Vordergrund gestellt werden, ohne proaktiv auf die Risiken hinzuweisen.

„Soll“ versus „Ist“ – und die resultierende Kursentwicklung

Tatsächlich passieren jedoch solche Fehler: Manche Unternehmen stellen die geschäftliche Zukunft zu optimistisch dar und erwähnen entweder negative Szenarien gar nicht erst oder spielen ihre Bedeutung herunter. Fundamental orientierte Aktieninvestoren haben sicherlich bis zu einem gewissen Grad Verständnis, dass ein Vorstand in der Regel eine optimistische Grundhaltung in Bezug auf die eigene zukünftige Geschäftsentwicklung einnimmt.

Zumal die Motivation der Mitarbeiter und die aktive Chancennutzung im Unternehmen nicht zu unterschätzen sind. Für eine langfristig gute Aktienkursentwicklung kann dies jedoch hinderlich werden: Denn wenn sich ein Konzern nach einer optimistischen Selbsteinschätzung dann doch dem einen oder anderen eintretenden Risiko gegenübersieht, kann die fundamentale Entwicklung die hohen Erwartungen nicht mehr erfüllen – und die Investoren werden enttäuscht.

Langfristig tun sich Unternehmen daher eher einen Gefallen, wenn sie Risiken proaktiv ansprechen und im Businessplan entsprechend abbilden, um damit Investoren und Analysten abzuholen. Auf diese Weise trägt das Unternehmen dazu bei, dass realistische und belastbare Erwartungen entstehen. So ist das Unternehmen eher in der Lage, mit der tatsächlichen fundamentalen Entwicklung die Erwartungen zu erfüllen oder sogar positiv zu überraschen, wenn die Risiken nicht eintreten. Positive Überraschungen oder „Earnings Upgrades“ können oft ein starker Katalysator für die Aktienkursentwicklung sein.

Strategiezerlegung in Ziele – transparent, konkret und messbar

Transparenz und Messbarkeit sind wichtige Anforderungen, die Investoren an die Unternehmenskommunikation stellen. Vorstände sollten sich klare und nachvollziehbare Ziele setzen und regelmäßig über den Fortschritt dieser Key-Performance-Indikatoren berichten. Diese Ziele sollten durch einen belastbaren Business-Plan transparent untermauert werden. Zudem sollten Manager aufzeigen, mit welchen strategischen Maßnahmen sie die Ziele erreichen wollen.

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Bilden sie dabei noch die Risiken ab, ist für Investoren gewährleistet, dass auch bei schwierigen Rahmenbedingungen der Kurs stimmt. Je verlässlicher ein Unternehmen gegenüber seinen Stakeholdern kommuniziert, desto besser ist seine Reputation am Kapitalmarkt und damit die Chance, von Investoren positiv beurteilt zu werden und einen hohen Bewertungsmultiplikator zu erzielen. Letztlich ist kein Unternehmen davor gefeit, Erwartungen nicht zu erfüllen und formulierte Ziele anpassen zu müssen.

 

 

 

Die Erfahrung zeigt: Laufen die Geschäfte schlechter als erwartet, bleiben die Herausforderungen oft erst einmal bestehen. Möglicherweise verschlechtert sich die Situation sogar kurzfristig, bevor eine Normalisierung eintritt. Dieses Phänomen steht oft im Widerspruch zur optimistischen Grundhaltung des Vorstands.

Daher gilt die Devise: Wenn die Prognose angepasst werden muss, dann möglichst nur einmal. Unternehmen sollten in dieser Phase besonders transparent und offen kommunizieren und die Risiken mehr als deutlich abbilden. Denn das Schlimmste ist, wenn ein Unternehmen seine Erwartungen nach kurzer Zeit erneut anpassen muss: Das kann dazu führen, dass die Reputation am Kapitalmarkt so stark leidet, dass es schwierig wird, wieder Investoren zu finden. Mit anderen Worten lautet der Ratschlag an die Unternehmen für die Informationspolitik gegenüber Shareholdern: Don’t trick me twice.

 


Über den Autor:

Alexander Dominicus, Fondsmanager im Team des Mainfirst Germany Fund und des Mainfirst Top European Ideas bei Mainfirst Asset Management.

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