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US-Bankenkollaps
Risikomanagement: Die 3 Verteidigungslinien der Silicon Valley Bank scheiterten
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US-Bankenkollaps Risikomanagement: Die 3 Verteidigungslinien der Silicon Valley Bank scheiterten

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Lehren aus dem Crash

Das Bankgeschäft fußt auf Vertrauen – dieses wurde mit der Pleite der SVB verspielt. Insbesondere hängt es aber vom adäquaten Risikomanagement ab und im vorliegenden Fall von der Fristentransformation der Verbindlichkeiten und der Steuerung der Inkongruenz zwischen den Laufzeiten von Verbindlichkeiten und Vermögenswerten. Dieses muss ebenso solide gemanagt werden, wie auch das Zinsänderungsrisiko des Bankbuchs. Kundeneinlagen können abfließen – auch ein größerer Mittelabfluss gehört zum Tagesgeschäft einer jeden Bank. Geldhäuser, die ein gutes und organisiertes Risikomanagement haben, werden hier keine Probleme wie die SVB haben. 

Welche Auswirkungen haben die Geschehnisse nun auf Banken in Europa? Auch Institute in Europa leiden unter den aktuellen Sprüngen des Leitzinses, der ihre Anleiheanlagen belastet – insbesondere die der SVB zum Verhängnis gewordenen, eigentlich sicheren Staatsanleihen. Auch wenn diese eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung haben, ist ihr derzeitiger Marktwert durch das höhere Zinsniveau reduziert. 

Dieses wird aber insbesondere von den Banken in Europa schon dargestellt – so gibt es vermehrt Häuser, die teilweise große Abschreibungen auf Ihr Anlageportfolio durchführen müssen beziehungsweise schon mussten. Auch die Regulatorik ist in Europa strenger, Risiken wie bei der SVB schlummern bei etablierten Häusern nicht. Letztendlich sind auch die meisten Bankbücher besser diversifiziert. Infolgedessen ist auch die Gefahr, insbesondere für Banken in Europa eher als gering einzuschätzen. 

Der Traum vom Stablecoin – nächster Dämpfer

Zu den Verlierern der Lage gehören zunächst Start-ups in der westlichen Welt. Die Bauchlandung im Silicon Valley wird dazu führen, dass die Finanzierung bis auf Weiteres entlang strengerer Vorgaben erfolgen wird. Für das Silicon Valley, den Innovationsmotor der stärksten Volkswirtschaft, dürfte der März 2023 somit eine Zäsur darstellen. 

Ferner erlebte mit dem USD Coin auch der zweitgrößte Stablecoin einen gravierenden Einschlag: Silicon Valley Bank, wie auch die anderen geschlossenen Institute Signature und Silvergate, waren eng mit dem Coin verbunden. Stablecoin-Anbieter Circle war mit Einlagen von 8 Milliarden Dollar mit regionalen US-Banken verflochten. Diese Verbindungen bringen zusätzliche Risiken in den Markt. Einmal mehr funktionierte das vorgesehene Arbitrage-Konzept nicht mehr, konnte nur mit Mühe abgesichert werden. Diese Interdependenzen dürften den Regulator stärker denn je auf den Plan rufen. 

Vorsicht ist geboten

Klar ist nun, dass die weiteren Entwicklungen scharf verfolgt werden – sowohl in der Politik (wo sich Christian Lindner geäußert hat, dass er keinen Zweifel an der Stabilität der Banken habe), als auch bei der EZB. Bisher gehen die meisten Marktteilnehmer davon aus, dass die antizipierte Leitzinserhöhung derzeit nicht in Gefahr ist. Das spricht dafür, dass auch die EZB die Stabilität nicht in Gefahr sieht. 

Doch klar ist auch – Zinsschritte in beide Richtungen bergen Risiken. Die Gefahr einer Ansteckung ist da, wenn auch weniger durch einen möglichen Bank Run durch die Einleger, wohl aber durch einen Vertrauensverlust unter den Banken. So reicht eine einzelne Ankündigung eines Anteilseigners bei der Credit Suisse derzeit aus, um die Aktie auf Talfahrt zu schicken und den Staat zu massiven Garantiezusagen zu zwingen. 

 

Wir sind der Meinung, dass geeignete Instrumente für das Risiko- und Geschäftsmanagement für ein umsichtiges, effizientes und rentables Bankgeschäft unerlässlich sind. Gleichzeitig sind wir überzeugt, dass kein Tool solide Governance-Prinzipien innerhalb der Bank ersetzen kann. 

Über den Autor: 

Christian Piller beobachtet die Entwicklungen in der europäischen Finanzwelt als Fachmann für Riskmanagement bei Aryza. Das 2002 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Dublin ist heute ein weltweit aktiver Anbieter von Software für den gesamten Kreditlebenzyklus: Von der Kreditvergabe über das Forderungsmanagement, bis hin zum Inkasso und der Insolvenzabwicklung für Unternehmen und Banken, einschließlich Kundendatenerfassung, -verwaltung und Zahlungsverarbeitung.

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