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Gerd Kommer und Jonas Schweizer
Hilft Wirtschaftswissen beim Investieren?
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Gerd Kommer und Jonas Schweizer Hilft Wirtschaftswissen beim Investieren?

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Falsche VWL-These 7

„Länder mit einer hohen Staatsausgabenquote (dem Verhältnis der jährlichen Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt, auch kurz Staatsquote genannt) haben schlechtere Aktienmarktrenditen als Länder mit einer niedrigen Staatsquote.“

Die Fakten: Nein, das ist nicht der Fall. Die Korrelation der Staatausgabenquote für 2022 und dem nationalen Aktienmarktrenditen in den zehn Jahren bis Ende 2022 lag für eine zufällige Stichprobe von 25 Industrie- und Schwellenländern bei minus 0,2. Das bedeutet, dass die Länder mit einer hohen Staatsausgabenquote im fraglichen Jahrzehnt tendenziell geringfügig höhere, nicht geringere, Aktienmarktrenditen vorwiesen als die Länder mit einer niedrigen Quote.

Falsche VWL-These 8

„Steigende Zinsen sind schlecht für Aktienrenditen. Ein smarter Aktienanleger steigt aus dem Markt aus, wenn die Zinsen anziehen.“

Die Fakten: Aktienrenditen waren historisch in Phasen steigender Zinsen zwar im Mittel niedriger als in Phasen fallender Zinsen, aber immer noch höher als die Renditen risikofreier Geldmarktanlagen (Simpson Hendrix/Roberts 2022). Erschwerend kommt hinzu – wie wir auch schon in Bezug auf die falsche VWL-These 4 erwähnten – dass das gewinnbringende Ausnutzen von Zinsänderungsprognosen hinreichend erst einmal zuverlässige Prognosen voraussetzt. Diese Treffgenauigkeit ist jedoch ganz einfach nicht gegeben.

Wir haben nun gesehen, dass die Ausrichtung von Investmententscheidungen an makroökonomischen Variablen oder ihrer erwarteten Veränderung per Saldo wahrscheinlich nichts bringt und in nicht wenigen Fällen sogar renditeschädlich ist. Trotzdem liegt eine solche Ausrichtung einem großen Teil der an Privatanleger gerichteten medialen Berichterstattung und vielen Finanzbüchern zugrunde. Auch die Vertreter der traditionell arbeitenden Finanzbranche – zum Beispiel Fondsmanager – verbreiten den von Wissenschaftlern hundertfach widerlegten Irrtum immer wieder aufs Neue. 

 

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Wofür ist VWL-Wissen denn dann überhaupt nützlich?

VWL-Wissen ist wichtig für uns als Staatsbürger. In unserer Rolle als Wähler können wir gar nicht genug wirtschaftlichen Sachverstand haben, weil er uns hilft, Politiker und Parteien, die wirtschaftspolitischen und volkswirtschaftlichen Schaden anrichten, besser und schneller zu erkennen und dann per Wahlzettel auszusortieren. Generell fördert wirtschaftspolitisches Wissen unser Verstehen der Welt im Allgemeinen und der Wirtschaft im Besonderen.

Fazit

Von den fünf hier beschriebenen Teilgebieten von Wirtschaftswissen sind lediglich vier ausreichend kausal mit langfristigem Anlageerfolg verknüpft: (A) Investmenttheorie, (B) Investmentpraxis, (C) Investmentpsychologie und (D) Kapitalmarktgeschichte.

Hingegen wird viel Wissen auf Teilgebiet E – Wirtschaftspolitik/VWL – für Anleger tendenziell keinen und – bei häufiger investmentmäßiger Befolgung der auf diesem Feld verbreiteten „Gewissheiten“, Mythen und Irrtümer – eher einen negativen Einfluss auf den nachhaltigen Anlageerfolg haben.

Wer als Privatanleger seine Erfolgswahrscheinlichkeit in Sachen Vermögensbildung und Vermögensschutz erhöhen möchte, dem empfehlen wir, seine knappe Zeit auf die Teilgebiete A bis D zu konzentrieren und „News“ zu Wirtschaftspolitik lediglich in der Rolle als Staatsbürger und Wähler zu konsumieren und umzusetzen.

Über die Autoren:
Gerd Kommer ist Gründer und Geschäftsführer bei Gerd Kommer Invest, Gerd Kommer GmbH und Gerd Kommer Capital GmbH

Jonas Schweizer ist Prokurist/COO (Chief Operating Officer) bei Gerd Kommer Invest sowie Gründer der Gerd Kommer GmbH und der Gerd Kommer Capital GmbH

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