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Aktualisiert am 07.07.2023 - 10:42 Uhrin USALesedauer: 10 Minuten

Pilnys Asia Insights U-Boote und Spionage-Ballons: Was die Aufrüstung zu Wasser und in der Luft zu bedeuten hat

US-Kampfjet im Südchinesischen Meer
US-Kampfjet im Südchinesischen Meer: Aufrüstung zu Wasser und in der Luft im Indopazifik nimmt an Dynamik zu | Foto: IMAGO / ZUMA Wire

Nach einer aktuellen Studie erwartet neben der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds auch die OECD keine globale Rezession, jedoch eine weltweit anhaltend hohe Inflation und nachlassende Wachstumsdynamik.

Zwar dürfte das globale Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr, um rund 3 Prozent zulegen, doch im Jahr 2024 sei nur noch eine Wachstumsrate von 2,2 Prozent zu erwarten.

Deutschland schneidet mit einer 2023 um 0,3 Prozent schrumpfenden Wirtschaftsleistung schlecht ab, nur übertroffen von Großbritannien und Russland mit einem erwarteten Minus von 0,4 Prozent und 5,6 Prozent.

Für die übrige Eurozone sind die Aussichten besser. Mit 0,5 Prozent dürfte sie im kommenden Jahr ähnlich wachsen wie die USA.

Wenig überraschend wird Asien wird in den Jahren 2023 und 2024 der Hauptmotor des Wachstums sein, wobei Indien und China am stärksten wachsen. Die OECD erwartet in Indien 5,7 Prozent in Indien und in China 4,6 Prozent.

Auch Saudi-Arabien und Indonesien dürften ein Wachstum von 5 Prozent und 4,7 Prozent erzielen.

Doch vor dem Hintergrund der Verwerfungen durch den Ukrainekrieg, dem abgesagten China Besuch von US-Außenminister Blinken und immer neuen Vorwürfen gegen China wie die Lieferung von Dual-Use Rüstungsgütern an Russland, systematischer Wirtschaftsspionage und militärischen Spionage Ballons fürchte Asien eine weitere Eskalation um Taiwan und rüstet auf.

Zu Wasser: Asiatische Aufrüstungsspirale

Um die für den Handel und die Versorgung essenziellen Seewege im Pazifik offen zu halten, investieren auch ärmere Länder in den Bau oder Kauf von Unterseebooten. Moderne Unterseeboote sind im Indo-Pazifik das wichtigste und zugleich teuerste Rüstungsgut, sie kosten Milliarden von Euro.

Gerade nahmen die Singapurer die nächsten beiden U-Boote eines Quartetts der deutschen Werft Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) in Kiel in Empfang. Mit der Impeccable und der Illustrious (Typ 218SG) bleibt TKMS der vertraute Lieferant Singapurs für Boote mit Diesel-Elektro-Antrieb.

Mit der Anpassung an die geringeren Körpermaße von Asiaten und einem neuen Ruder, das an flachen Gewässern angepasst wurde, schneller operiert, optimierte TKMS die Boote für die Region.

Vor einigen Jahren war TKMS der staatlichen Naval Group aus Frankreich bei der Vergabe eines großen Auftrags aus Australien unterlegen. Doch durch Druck der USA wurde der Vertrag gegen eine Entschädigung von einer halben Milliarde US-Dollar durch ein Abkommen der Australier mit ihren Partnern Washington und London ersetzt.

Die Aukus-Allianz sieht nun die Lieferung moderner U-Boote als Ersatz für sechs überalterte Boote der Collins-Klasse vor, die auch atomgetrieben sein können.

Im Februar wird Australien sein neue Verteidigungsstrategie vorstellen und dabei Hersteller, Bauort und Antrieb der neuen Boote entscheiden.

Doch es gibt Reizpunkte, so wurden die Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums besorgt aufgenommen, wonach ein neues Boot nun 7,2 Milliarden Dollar statt 5,6 Milliarden US-Dollarkosten solle.

Auch die starke Auslastung der amerikanischen Kriegswerften, die am Ausbau der eigenen Marine arbeiten, könnte Probleme bereiten. Daher ist denkbar, dass die neuen Boote eine gemeinsame Entwicklung aller drei Partner-Staaten werden.

U-Bootverteilung im Indopazifik

Derzeit verfügen China und Indien, aber auch Australien, Indonesien, Malaysia, Singapur, Vietnam, das mit sechs russischen Booten seit 2009 sogar die größte Flotte der Region betreibt, und das von China, Russland und Nordkorea gestützte Myanmar über U-Boote in der Region.

Thailand und die Philippinen, die soeben den Ausbau der amerikanischen Militärpräsenz vereinbart haben, sind mit Käufen beschäftigt.

Thailand hatte drei chinesische Boote (Yuan-Klasse) bestellt, deren Dieselantrieb aus Deutschland jedoch wegen des europäischen Waffenembargos gegen Peking nicht geliefert wurde.

Chinesisches Atom-U-Boot
Chinesisches Atom-U-Boot © IMAGO / Kyodo News

Die Marine der Philippinen, die sich von China besonders bedroht fühlen, fordert deswegen von Frankreich, das sich als Pazifik-Macht versteht, zwei U-Boote für das Recht, auch in dortigen staatlichen Gewässern operieren zu dürfen.

Auch Indien und Australien arbeiten an neuen, umfassenden Programmen, bei denen es um den eigenen Anteil bei deren Bau geht.

Die USA, die sich wieder stärker als Ordnungsmacht im Indo-Pazifik begreifen, verfügen über etwa 66 U-Boote, davon sind mehr als 50 atomgetrieben.

China besitzt zwölf Atom-U-Boote und 46 Einheiten mit Dieselantrieb. Indien hat 15 U-Boote, von denen aber die Mehrzahl als veraltet gilt.

Hinzu kommen unbemannte Unterwasserdrohnen, die bei beiden Supermächten immer häufiger genutzt werden. Erst vor kurzem wurden chinesische Drohnen vor Indonesien gesichtet.

Indonesien, das größte Land Südostasiens, leidet noch am Untergang seines U-Bootes KRI Nanggala-402 im April 2021. Es hatte, ebenso wie die Explosion auf einem indischen U-Boot, Zweifel an den Fähigkeiten der jeweiligen Marine laut werden lassen. Gleichwohl unterzeichnete Jakarta ein Abkommen mit den Franzosen zum Bau von zwei Scorpène-U-Booten.

In Indien sind die Franzosen schon weiter: Kurz vor Weihnachten erhielt die indische Marine mit der INS Vagir ihr fünftes U-Boot der Kalvari-Klasse, das nun getestet wird.

Gebaut wurde es in der Mazagon-Werft in Mumbai (Bombay) in Zusammenarbeit mit der Naval Group. Allerdings ist das Programm Jahre hinter dem Zeitplan, und selbst die Ausstattung mit Torpedos der italienischen Finmecchanica stockt seit Jahren. Auf Dauer möchte die Marine mindestens sechs atombetriebene U-Boote bauen lassen.

In der Luft: Aufregung um abgeschossenen Spionage Ballon

Die letzte Woche war ereignisreich, US-Kampfflugzeuge schossen einen chinesischen Ballon ab. Die USA gingen dabei von chinesischer Spionage aus und verschoben den Besuch des amerikanischen Außenministers Blinken, der am Freitag zu einer zweitägigen Peking-Reise hätte aufbrechen sollen, bei der er auch den Präsidenten Xi Jinping treffen wollte.

US Militär bei der Bergung eines Spionage Ballons
US-Militär bei der Bergung eines abgeschossenen Spionage-Ballons vor der kalifornischen Küste am 05. Feburar 2023 © IMAGO / ZUMA Wire

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Es wäre der erste Besuch eines amerikanischen Außenministers in China seit vier Jahren gewesen. Bei seinen Gesprächen wäre es um die wachsenden Spannungen zwischen den beiden Ländern gehen sollen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit Taiwan.

Zweifellos zeigt die Absage von Blinkens Reise wie fragil die Beziehung zwischen Washington und Peking ist. So ist nicht auszuschließen, dass der Zeitpunkt des «Erkundungsflugs» nicht zufällig mit dem geplanten Treffen zusammenfiel und es sich gar um eine gezielte Provokation oder Machtdemonstration gehandelt hat. 

Auffällig ist, dass der Ballon viel länger über amerikanischem Territorium verblieb als bei früheren Vorfällen und es unvermeidlich war, dass er entdeckt wurde.

Nach Angaben der USA befindet sich ein weiterer möglicher Spionageballon über Lateinamerika.

Zunehmende Bedeutung von Ballonen im Militär

Ballone in der Stratosphäre haben großes Potenzial – und China ist bei ihrer Erforschung führend. Chinesische Forscher experimentieren intensiv mit Ballonen wie jenem, der von den USA abgeschossen wurde und testen sie als Plattform für militärisch nutzbare Gleitflieger.

Ballone galten lange als Technologie der Vergangenheit, doch seit einigen Jahren erleben sie dank Fortschritten bei Materialien und in der Navigation eine Wiedergeburt, insbesondere für Flüge in der Stratosphäre, also dem Luftraum zwischen 10 und 50 Kilometern über der Erde, mithin ein relativ leerer Luftraum über dem kommerziellen Luftverkehr, aber unter den Flugbahnen von Satelliten.

Dabei ist die Steuerung von Ballonen eine Herausforderung. Einmal gestartet, können sie nur schwer kontrolliert werden, doch die neuesten chinesischen Navigationssysteme verwenden Algorithmen, die mit jedem Experiment dazulernen. Sie nutzen Sensoren, um den Wind, die Temperatur und den Luftdruck zu messen.

Spionage Ballon China
Gewinnen zunehmend an Bedeutung: Chinesischer Aufklärungsballon © IMAGO / ZUMA Wire

Ballone haben gegenüber Satelliten große Vorteile wie das Ausharren über einem bestimmten Ort. Satelliten rasen ständig auf einer Umlaufbahn um die Erde und können einen bestimmten Ort nur beim Vorbeifliegen beobachten.

Ein Ballon hingegen kann rund um die Uhr zum Beispiel die Abläufe auf einer Militärbasis auskundschaften, wenn er es schafft, an Ort und Stelle zu bleiben.

Ballone sind im Vergleich zu Satelliten auch sehr viel günstiger. Entwicklung und anfänglicher Betrieb eines Ballons kostet 100 000 Dollar für und 1,6 Milliarden Dollar für einen Satelliten.

Zudem können nach einer chinesischen Studie Stratosphärenballone mehr und schwerere Lasten mitnehmen. So etwa Messgeräte, die eine höhere Genauigkeit und Reichweite erzielen können als jene von Satelliten und die auch einfach wiederverwendet werde können.

Ballone können auch als Plattform dienen, etwa für kleine Gleitflieger im Rahmen wissenschaftlicher oder militärischer Missionen mit langer Dauer und auf große Entfernungen.

Rüstungswettlauf: Spannungen zwischen China und USA

Wie umfangreich Chinas Ballonprogramm ist, ist unklar. Die amerikanische Regierung hat nach eigenen Angaben bereits mehrfach chinesische Ballone über den USA entdeckt, dies jedoch vorher nicht öffentlich gemacht.

Laut einem geheimen Bericht des Pentagons gab es seit 2021 weltweit mehrere Vorfälle mit Ballonen und mutmaßlicher Überwachung.

Im Ergebnis ist möglich, dass China bei Stratosphärenballons technologische und militärische Fähigkeiten bereits erreicht hat, die die der USA übertreffen.

Die Gefahr durch unkonventionelle Flugobjekte als Träger von Massenvernichtungswaffen, wie kommerzielle oder experimentelle Flugzeuge, Drohnen und Ballone sollten den USA bekannt sein.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs hatte die berüchtigte japanische Sondereinheit 731 selbst hergestellte Tennisball große Anthrax Bomben von Ballons und Flugzeugen über der amerikanischen Westküste abwerfen wollen.

Die Flugzeuge waren zerlegt an Bord von speziellen, riesigen Flugzeugträger U-Booten der I-400 Klasse und wurden dort per Katapult in Küstennähe gestartet. Nur der Abwurf der Atombomben verhinderte diese weitere Eskalation des Pazifikkrieges.

Im Ergebnis gehörte der gerade abgeschossene Ballon zu einer Flotte von Überwachungsballons der Chinesen, die damit - ebenso wie die USA - über fünf Kontinente hinweg spionieren.

Anders als Satelliten können Ballone an einer Stelle bleiben, und aus größerer Nähe beobachten, sind für Radar schwer zu entdecken und können Kommunikation abfangen. Die Navigationsmöglichkeiten sind deutlich verbessert, so dass sie nicht mehr allein vom Wind abhingen.

Gerade im Zusammenspiel mit U-Booten und der Marine können sie eine entscheidende Rolle bei Aufklärung und Bekämpfung von Zielen zu Wasser und auf dem Land spielen, was etwa bei einer amphibischen Landung auf Taiwan essenziell ist.

Die Aufregung um den abgeschossenen Ballon ist also auf beiden Seiten verständlich.

Grundsätzlich bedeutet der beginnende Rüstungswettlauf in Asien Big Business und attraktive Aufträge für die amerikanische, chinesische und russische Rüstungsindustrie, zu denen sich auch zunehmend französische und südkoreanische Anbieter gesellen.

Pilnys Asien-Insights der vergangenen Wochen:

>> Wie Vietnam durch Korruption das eigene Wachstum auf Spiel setzt

>> Chinas demografische Katastrophe: 850.000 Einwohner weniger

>> Indien profitiert von Chinas Problemen und erschafft eine neue Weltordnung

>> China und Japan vergreisen und ein junges Indien strahlt – oder etwa nicht?

 

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