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OLG Hamm entscheidet Beratungsdokumentation umfasst nicht die Antragsfragen

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Soweit der Versicherungsnehmer geltend macht, der Versicherungsvertreter habe ihm den Passus zu den möglichen Folgen einer nicht vollständigen und wahrheitsgemäßen Beantwortung der Gesundheitsfragen nicht vorgelesen, folgt auch daraus kein Schadensersatzanspruch. Eine solche Pflichtverletzung wäre gar nicht ursächlich für die vom Versicherer erklärte Anfechtung.

Beweislast des Versicherungsnehmers

Hinsichtlich der nicht angegebenen Schwerbehinderung und des Verlustes der Milz hat der Versicherungsnehmer laut OLG Hamm eine Pflichtverletzung des Versicherungsvertreters nicht hinreichend dargelegt. Der Versicherungsnehmer konnte gar nicht sicher sagen, ob er dem Versicherungsvertreter den Verlust der Milz und die Schwerbehinderung mitgeteilt hatte oder nicht und in welchem genauen Umfang ihm die Antragsfragen vorgelesen wurden.

Der Versicherungsnehmer war beweisbelastet dafür, dass er entweder dem Versicherungsvertreter die Schwerbehinderung und den Verlust der Milz mitgeteilt hat, oder dass dies deshalb unterblieb, weil der Versicherungsvertreter dem Versicherungsnehmer die Antragsfragen nur unvollständig vorlas. Die Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung trifft also nach allgemeinen Regeln den Versicherungsnehmer. Dazu gehört auch der Nachweis, dass der Versicherungsvertreter schuldhaft eine Information nicht weitergab, die der Versicherungsnehmer ihm mitgeteilt hatte.

Keine Beweislastumkehr zugunsten des Versicherungsnehmers

Gemäß Paragraf 61 Abs. 1 VVG hat der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies zu dokumentieren.

Das OLG Hamm weist deutlich darauf hin, dass vorliegend keine Umkehr der Beweislast erfolgt. Zwar kann die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht zu Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr führen. Dies komme aber vorliegend nicht in Betracht. Paragraf 61 Abs. 1 VVG bezieht sich lediglich auf die Wünsche und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers sowie die Gründe für den erteilten Rat. Hierzu gehört jedoch die Besprechung von im Antrag ausdrücklich niedergelegten Antragsfragen als solches nicht.

Fazit

Der Versicherungsnehmer war im vorliegenden Fall also in Bezug auf die von ihm behauptete Pflichtverletzung des Versicherungsvertreters beweisfällig geblieben. Die Pflicht zur Beratungsdokumentation umfasst gerade nicht die Antragsfragen.


Der Autor:
Jens Reichow ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Handels- und Gesellschaftsrecht. Er ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Die Kanzlei wird zum Bereich Versicherungsrecht auch auf dem hauseigenen Vermittler-Kongress am 6. Februar 2020 in Hamburg referieren. Hier geht es zur Agenda und Anmeldung >>

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