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Anlagechef Reinhard Pfingsten „Die Stimmung der Aktienanleger ist übertrieben schlecht“

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So stiegen im dritten Quartal 2018 die Gewinne der US-Firmen um durchschnittlich 26 Prozent. Acht Prozentpunkte stammten davon von der Steuerreform. Diese Unterstützung läuft aufgrund des Basiseffekts 2019 aus. Dasselbe gilt für das Margenwachstum, das ebenfalls acht Prozentpunkte zum Gewinnwachstum beisteuerte. Auch das Umsatzwachstum dürfte sich bei einer Abkühlung der US-Konjunktur auf das Trendwachstum in diesem Jahr nicht mehr fortschreiben lassen. Nach einer Zunahme des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts von drei Prozent im vergangenen Jahr dürfte es laut den aktuellen Prognosen in diesem Jahr noch um 2,7 und 2020 dann nur noch um 1,7 Prozent wachsen. Das Umsatzwachstum war ebenfalls für acht Prozentpunkte des gesamten Gewinnwachstums im dritten Quartal verantwortlich. Das wird sich kaum wiederholen. Nur die Aktienrückkäufe könnten 2019 mit zwei Prozentpunkten einen ähnlich hohen Gewinn-Beitrag leisten wie im dritten Quartal 2018.

Analysten revidieren noch

Die Unternehmensanalysten haben ihre Gewinnschätzungen für US-Firmen für das erste Quartal 2019 bereits von einem Plus von 20 auf zuletzt rund 14 Prozent gesenkt. Wahrscheinlich ist das jedoch noch immer zu optimistisch. Darauf weisen beispielsweise der enttäuschende Ausblick von Amazon oder die erste Gewinnwarnung von Apple seit dem Jahr 2002 hin. Es dürfte noch weitere Anpassungen der Gewinnprognosen geben.

Positiv ist dagegen eine zeitliche Verschiebung. Noch bis vor Kurzem sind die Marktteilnehmer davon ausgegangen, dass es in den USA für die Konjunktur und die Unternehmensgewinne im ersten Halbjahr 2019 noch ganz gut, in der zweiten Hälfte dann jedoch schlechter laufen werde. Jetzt sieht es umgekehrt aus. Ein wesentlicher Grund dürfte die wirtschaftlichen Folgen des Shutdowns sein, die sich in der ersten Jahreshälfte deutlich stärker als in der zweiten bemerkbar machen dürften. Der Ausblick auf Besserung liefert Unterstützung.

Unter dem Strich scheinen die Sorgen der Anleger übertrieben. Nicht nur beim Handelsstreit der USA mit China und dessen Konjunktur deutet sich Entspannung an. Das gilt auch für den Brexit, der vor allem die europäischen Märkte belastet. Wie auch immer wird es hier wahrscheinlich spätestens im Sommer eine Lösung geben. Selbst wenn diese auf einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der EU hinauslaufen sollte, könnte das bei den Investoren für bessere Stimmung sorgen. Denn diese mögen vor allem Unsicherheiten nicht. So gesehen wäre selbst ein Ende mit Schrecken gar nicht mal das negativste Szenario.

Das „big picture“ bedeutet kurz zusammengefasst, dass die Ergebnisse für das erste Quartal noch einmal für Unsicherheit sorgen könnten, sich dann aber im weiteren Jahresverlauf die Stimmung der Anleger der gar nicht so schlechten Lage annähern könnte. Vor allem für die USA und die Schwellenländer sieht es durchaus positiv aus, die europäischen Aktienmärkte dürften dagegen schwierig bleiben.

Autor Reinhard Pfingsten ist Chief Investment Officer bei der Bethmann Bank.

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