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in Politik & GesellschaftLesedauer: 6 Minuten

Robert Halver zur Rendite-Dürre Klimawandel auf dem Rentenmarkt

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Und wenn sich die EZB schon nützlich macht, warum sollte sie ihre Gebertalente nicht optimieren? Tatsächlich findet nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa ein Tabubruch statt. Die Trennung von Regierung und Notenbank wird aufgehoben.

Zeigte die EZB als Stabilitätsburg schon unter Mario Draghi gewaltige Risse, wird sie unter Christine Lagarde sogar bis zur Grasnarbe geschliffen. Mit Verlaub, wenn Amerika von der US-Notenbank auf Vordermann gebracht wird, ist es dann aus Wettbewerbsgründen nicht nur fair, wenn auch die EZB zum staatlichen Erfüllungsgehilfen wird?

Und so geht die EZB in die Vollen. Sie hat ihr Herz für Klimaschutz entdeckt. Was für ein Killer-Alibi für noch mehr und längere geldpolitische Freikörperkultur. Warum nicht einfach das Pandemie- in Umwelt-Notfallaufkaufprogramm umbenennen und so der zügellosen Geldpolitik ein neues Deckmäntelchen verleihen? 

Ja, Klimaschutz ist eine bedeutende Aufgabe. Aber es ist nicht die Aufgabe der EZB, konkrete Wirtschaftspolitik zu betreiben oder staatliche Ziele zu erfüllen. Es ist zu befürchten, dass die gute EZB auch in Zukunft gute Zwecke findet. Und der Zweck heiligt die Mittel. Oder sollte man - wie in der Politik üblich - von alternativlos sprechen?

Das Rendite-Tief kommt geldpolitisch nicht mehr hoch

Früher waren Anleihen die sensitivsten Anlageklassen überhaupt. Lief die Konjunktur wie geschmiert, stieg die Inflation oder zeigte Instabilität nur ein bisschen ihre hässliche Fratze, stiegen die Risikoaufschläge bonitäts- und marktwirtschaftlich völlig berechtigt an. Heute haben wir geldpolitische Planwirtschaft: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.   

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Endlich haben die Südländer die EZB dort, wo man sie immer haben wollte, raus aus der germanischen Stabilitätsecke. Die Gerichtsbarkeit in der EU hat offenbar nichts dagegen, wenn auch noch die letzten Stabilitätshüllen fallen. Auch Deutschland, das mittlerweile ebenso bis Oberkante Unterlippe verschuldet ist, hat die Vorzüge niedriger, ja negativer Renditen für Staatsanleihen lieben gelernt. Warum hartes Stabilitäts-Brot kauen, wenn es auch Zuckerplätzchen sein können?

Jetzt wissen wir, warum die Renditen am Anleihemarkt nicht mehr wetterfühlig sind, nicht mehr steigen. Der Klimawandel am Rentenmarkt ist von der Geldpolitik gemacht und meiner Meinung nach unumkehrbar.

Zinssparen ist zum Masochismus geworden. Aber zum Glück gibt es ja Aktien.


Über den Autor:

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frankfurt und ist damit für die Einschätzung der internationalen Finanzmärkte zuständig. Der erfahrene Kapitalmarkt- und Börsenkommentator ist durch seine regelmäßigen Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen einem breiten Anleger- und Finanzpublikum bekannt.

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