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Kommentar zu digitalen Wertpapieren „Größte Umwälzung in der Finanzindustrie seit Dekaden“

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Intermediäre werden überflüssig

Konkret führt der Bankenverband aus, dass „[...] aus rein technischer Sicht bisher benötigte Intermediäre, die zum Beispiel für Wertpapiertransaktionen aus Vertrauensgesichtspunkten erforderlich waren, überflüssig werden. Die DLT bietet somit völlig neue Möglichkeiten, um wert- und vertrauensbasierte Geschäftsprozesse vollständig zu digitalisieren und damit effizienter zu gestalten.“ Weiter heißt es: „Um auch in Deutschland die Weiterentwicklung von technischen Innovationen nicht zu behindern und auch internationale Entwicklungen zu berücksichtigen, sollte das bestehende Recht angepasst werden.“

An dieser Stelle können verschiedene Finanzmarktteilnehmer substanzielle Veränderungen ihres Geschäftsmodells erwarten. So ist beispielsweise davon auszugehen, dass die Emission von Wertpapieren einem maßgeblichen Wandel unterliegen wird, da die seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr angepassten Prozesse durch DLT deutlich effizienter, kostengünstiger und darüber hinaus auch noch sehr viel sicherer sowie für den Staat transparenter ausgeführt werden können.

Darüber hinaus könnte beispielsweise die heutzutage notwenige Zentralverwahrung bei Clearstream ersatzlos gestrichen werden; bei Nutzung von „permissionless Ledgern“ für die Abwicklung würden darüber hinaus alle bislang zentral von Banken angebotenen Infrastrukturen (Handelsplattformen, Depotführung etc.) obsolet.

Qualifiziertes digitales Register

Im Hinblick auf den rechtlichen Aspekt schlägt der BdB vor, sogenannte „DLT-Wertpapiere“ („Security Token“) als Wertrechte auszugestalten, da eine Regelung analog des Bundesschuldenwesengesetzes (BSchuWG) am einfachsten umzusetzen wäre. In diesem Zuge wird zugleich über die Schaffung eines „qualifizierten digitalen Registers“ (QDR) nachgedacht (also eines permissioned Ledgers, welches nach Vorstellung des BdB dann wenig überraschend von den durch ihn vertretenen Marktakteuren betrieben werden sollte).

Interessanterweise wird im Papier explizit darauf eingegangen, dass eine physische Verbriefung von Wertpapieren bereits heutzutage ausdrücklich nicht erforderlich sei (Paragraf 2 Abs. 1 WpHG) und auch die Zulassung oder Einbeziehung von Wertpapieren im regulierten Markt an einer inländischen Börse keine wertpapiermäßige Verbriefung voraussetze (Paragrafen 32 ff. BörsG). Ebenso wird weder im WpPG noch in der EU-Prospektverordnung (VO 2017/1129) noch im VermAnlG ein „Papier“ gefordert. Wir gehen aus diesem Grund auch davon aus, dass die Bafin noch in diesem Jahr eigenkapitalähnliche Security Token mit Prospekt genehmigen wird.

Das Papier besticht durch inhaltlich richtige Ansätze in Kombination mit einem guten Verständnis für die Technologie. Selbstverständlich liegt es aufgrund des Absenders in der Natur der Sache, dass die in unseren Augen ebenfalls umsetzbaren Möglichkeiten auf permissionless Ledgern überhaupt nicht diskutiert werden. In diesem Zuge sei die Randbemerkung gestattet, dass der erste von der BaFin zugelassene STO überhaupt komplett auf permissionless Ledgern läuft und keinerlei Finanzintermediär aus der klassischen Welt mehr an dem diesbezüglichen Geschäft teilnimmt.

Disruptionspotenzial ist immens

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Blockchain-Technologie noch in den Kinderschuhen befindet und in unseren Augen ungefähr mit dem Internet Anfang/Mitte der 1990er Jahre verglichen werden kann. Zugleich ist das Disruptionspotenzial immens, wobei der Einfluss sicherlich nicht auf die Finanzindustrie beschränkt bleiben wird.

In Analogie zum genutzten Beispiel Internet sehen wir an dieser Stelle aber die schnellsten maßgeblichen Umwälzungserscheinungen. Durch die Demokratisierung der Informationsver- und -übermittlung wurde das Internet zum maßgeblichen Disruptor für alle etablierten Medienmarken oder Unternehmen wie beispielsweise die Post. Die Blockchain demokratisiert das Gut Vertrauen, welches wiederum das absolute Kernprodukt eigentlich jedes Finanzmarktakteurs darstellt.

Bedeutet dies, dass alle Banken, Verwahrstellen, depotführenden Stellen und Asset Manager dem sicheren Tod geweiht sind? Sicherlich nicht. Aber es werden diejenigen bestehen bleiben beziehungsweise in besonderem Maße profitieren, die sich bereits frühzeitig mit der Technologie beschäftigen.

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