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Rechtsexperte Hans-Peter Schwintowski Diese negativen Folgen hätte ein LV-Provisionsdeckel

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Auf diese verfassungsrechtlichen beziehungsweise europarechtlichen Probleme ging jetzt auch das Bundesfinanzministerium ein. Demnach sei der „Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Positionen verhältnismäßig“. Denn er biete mit dem von Bafin-Exekutivdirektor für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, Frank Grund, vorgeschlagenen „atmenden Provisionsdeckel“ ein angemessenes Maß an Flexibilität. Ob dieses Modell am Ende umgesetzt wird, ist aber noch unsicher. Denn der Referentenentwurf wird nun mit anderen Ressorts abgestimmt und auch die betroffenen Verbände werden noch angehört.

„Eine mögliche generelle Limitierung der Vertriebsprovisionen in der Lebensversicherung stellt einen direkten gesetzlichen Eingriff in die Preisbildung dar und widerspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Vertragsfreiheit“, zitiert das Versicherungsjournal Carsten Brodesser, zuständiger Berichterstatter für die Unionsfraktion im Bundestag. Er sehe einen Provisionsdeckel skeptisch und warnte bereits vor den aktuellen Pänen aus dem von Olaf Scholz (SPD) geführten Ministerium: „Das geht ordnungspolitisch weit über bisherige Regelungen hinaus.“ Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) will „prüfen, ob die vorgeschlagene Lösung verfassungsrechtlich umsetzbar ist“.

Der BVK werde das weitere Gesetzgebungsverfahren eng begleiten und sich weiterhin für die Interessen der Vermittler und ihrer Kunden einsetzen. „Es darf nicht zu einem ordnungspolitischen Eingriff kommen, der letztlich zulasten der Qualität der Beratung und der wichtigen sozialpolitischen Verantwortung aller Versicherungsvermittler geht“, fordert BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Wir kritisieren, dass im Referentenentwurf immer noch eine Verbindung zwischen Vergütung und Fehlanreizen gesehen wird, die seit der Umsetzung der IDD bereits ausgeschlossen wurde.“ Der Provisionsdeckel sei überflüssig, um Fehlanreize zu verhindern.

„Niedrige Beschwerdequote“ 

Frank Grund, Bernd Roselieb / BaFin

Außerdem war die Beschwerdequote über Versicherungsvermittler beim Versicherungsombudsmann zuletzt so niedrig wie noch nie, betont Heinz. Dieser positive Trend könnte sich mit dem Provisionsdeckel sogar ins Gegenteil verkehren, warnt Matthias Beenken. Der Professor für Versicherungswirtschaft forscht gemeinsam mit Michael Radtke an der FH Dortmund. „Psychologisch gesehen ist der Deckel für den Vermittler ein Anreiz, seinen Aufwand möglichst gering zu halten“, zitiert ihn aktuell das GDV-Magazin Positionen. „Angesichts der steigenden Anforderungen an die Beratungsdienstleistung vor allem mit Blick auf die Altersvorsorge ist das bedenklich.“

Trotz der vorgesehenen Zusatzprovisionen von bis zu 1,5 Prozentpunkten führe ein Provisionsdeckel in die falsche Richtung. „Was der Gesetzgeber versucht zu erreichen, ist eine Quadratur des Kreises: bessere Beratungsqualität zu niedrigeren Kosten.“ Doch in den Niederlanden oder Großbritannien sei zu beobachten, was bei einem Stopp der Provisionsvergütung passieren könnte. Dort seien selbstständige Vermittler weitgehend durch angestellte Außendienstmitarbeiter der Versicherungen ersetzt worden. Unabhängige Berater böten ihren Service den Kunden andererseits gegen Honorar an. Doch für solche Dienstleistungen ist kaum eine Zahlungsbereitschaft vorhanden, erinnert Reiner Will, Geschäftsführer der Rating-Agentur Assekurata.

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