100 Prozesstage angesetzt Wirecard-Gerichtsverfahren hat begonnen

Vor dem Landgericht München hat der Prozess gegen führende Manager des ehemaligen Dax-Konzerns Wirecard begonnen. Angeklagt sind der frühere Vorstandschef Markus Braun, der ehemalige Geschäftsführer einer Wirecard-Tochterfirma in Dubai, Oliver Bellenhaus, sowie der Ex-Chefbuchhalter des Zahlungsdienstleisters.
Das Gericht wirft den Angeklagten Medienberichten zufolge falsche Darstellung der Wirecard-Bilanzen seit 2015, Marktmanipulation, Untreue und gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Die drei Angeklagten sollen Wirecard der Öffentlichkeit als wachsendes und erfolgreiches Unternehmen präsentiert haben – unter anderem mithilfe von angeblichen Geschäften in Form von Kreditkartenzahlungen, welche Drittpartner wie Payeasy und Al Alam für Wirecard in Asien abgewickelt haben. Um die Online-Kartenzahlungen der Drittpartner finanziell abzusichern, sollten auf philippinischen Treuhandkonten 1,9 Milliarden verwahrt werden. Ob dieses Geschäft tatsächlich existierte, ist zwischen Braun und Bellenhaus strittig. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Insolvenzverwalter Michael Jaffé vermuten jedoch einen Schwindel.
Ohne die Berücksichtigung der angeblichen Umsätze und Gewinne aus dem Drittpartnergeschäft wäre Wirecard in der Verlustzone gelandet und Investoren, Banken sowie Kleinanleger hätten wohl nicht so viel Geld in den Zahlungsdienstleister investiert. Im Juni 2020 meldete Wirecard, dass die 1,9 Milliarden Euro – und damit etwa ein Viertel der Bilanzsumme – „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht existieren“. Wenige Tage später musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Insgesamt vernichtete die Wirecard-Pleite ein Vermögen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro.
Am ersten Prozesstag wurden rund 90 Seiten Anklageschrift vorgelesen. Kommenden Montag ist der zweite Prozesstag geplant – angedacht sind dann erste Stellungnahmen der Verteidiger-Teams. Das Verfahren soll insgesamt 100 Tage bis Ende Dezember 2023 dauern. Das Gericht deutete jedoch an, dass sich die Verhandlungen bis ins Jahr 2024 hinziehen könnten.