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Schadenersatzprozesse „P&R-Vermittler behaupten sich gegen Anlegerklagen“

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Rechtsprechungslinien bilden sich ab

Bei einer Analyse der bisher ergangenen Rechtsprechung wird ersichtlich, dass die Gerichte bislang nur in Ausnahmefällen eine Anlageberatung angenommen haben. Dies ist bemerkenswert, weil Richter in Kapitalanlagefällen sonst dazu neigen, sehr schnell vom konkludenten Abschluss eines Anlageberatungsvertrages auszugehen. „Konkludent“ bedeutet dabei, dass der Anlageberatungsvertrag weder schriftlich noch mündlich explizit geschlossen worden sein muss, sondern sich aus den Begleitumständen ergeben haben soll.

Selten Anlageberatung, oft bloße Vermittlung

In den P&R-Verfahren haben die Gerichte demgegenüber bislang erkannt, dass die Investoren meistens keine Beratung gewünscht hatten. In vielen Fällen war es so, dass die Vermittler die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und Anlageziele ihrer Kunden gar nicht kannten und schon deshalb keine Anlageberatung erbringen konnten. Häufig hatten die Kunden schon seit vielen Jahren oder Jahrzehnten regelmäßig P&R-Investments getätigt. Die Vermittlungsleistung beschränkte sich dann darauf, diesen Kunden bei Auslaufen eines Investments eine Reinvestitionsmöglichkeit anzubieten oder auf konkrete Anfrage zusätzliche Containerkäufe zu ermöglichen.

Keine Aufklärungspflichten bei „execution only“

In der Praxis kam es häufig vor, dass langjährige Kunden von sich aus mit einem konkreten Kaufwunsch auf ihren Vermittler zugekommen sind. Der Grund hierfür konnte beispielsweise darin liegen, dass die Kunden über Werbemailings von P&R auf neue Containerangebote aufmerksam gemacht worden sind. In diesen Konstellationen haben zahlreiche Gerichte bei P&R-Containervermittlungen nicht einmal die bei einer Anlagevermittlung von der Rechtsprechung üblicherweise angenommenen Aufklärungspflichten zugrunde gelegt.

Wenn der Vermittler glaubhaft darlegen konnte, dass er als reine „Bestellplattform“ zwischen Investor und P&R fungiert hat, weil der Kunde bereits mit einem vorgefassten Kaufentschluss an ihn herangetreten war, haben die Gerichte in vielen Fällen ein so genanntes „execution only“-Geschäft angenommen, bei dem der Vermittler von sämtlichen Informationspflichten befreit ist.

Keine Aufklärungsbedürftigkeit
bei erfahrenen P&R-Investoren

Und noch eine Besonderheit bei erfahrenen Investoren hat sich bereits herausgebildet: Selbst wenn es sich juristisch um eine Anlagevermittlung mit entsprechenden Produktinformations- und Aufklärungspflichten gehandelt hat, so haben zahlreiche Gerichte die Aufklärungsbedürftigkeit des Kunden verneint. Argument: Wer bereits seit vielen Jahren Containerkäufe getätigt hat, muss nicht jedes Mal aufs Neue über die Funktionsweise und Risiken dieser Geschäfte aufgeklärt werden. Es genügt, wenn diese Aufklärung vor dem Erstgeschäft erfolgt ist.

Trotzdem gelingt es natürlich nicht in jedem Verfahren, von vornherein jegliche Beratungs-, Aufklärungs- oder Informationspflichten zu eliminieren. Richter ist nicht gleich Richter, Vermittler ist nicht gleich Vermittler, und Kunde ist nicht gleich Kunde. Daher wird es immer auf die berühmten Umstände des Einzelfalls ankommen. Aber auch dort, wo die Gerichte Beratungs- oder jedenfalls Aufklärungspflichten erkannt haben, konnten Vermittler schon diverse Prozesserfolge erzielen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vermittler den beliebten Argumentationsmustern der Anlegeranwälte etwas entgegenzusetzen hat.

Wichtig: gerichtsfeste Verteidigungslinien

Gerade in Bezug auf die Themenkreise Plausibilität und Risikoaufklärung ist es durchaus möglich, Verteidigungslinien aufzubauen, die den gerichtlichen Praxistest bislang bestanden haben. So liegen bereits Urteile vor, aus denen hervorgeht, dass und warum über das Totalverlustrisiko nicht aufgeklärt werden musste. Des Weiteren ist es wichtig, Rückschaufehlern des Gerichts zu vorzubeugen. Heute sind alle Beteiligten schlauer – damals aber konnten die Vermittler das Geschäftsmodell nur aus ihrem damaligen Informationsstand heraus prüfen. Dies hat Auswirkungen auf die Maßstäbe, die an die Plausibilitätsprüfung anzulegen sind. Es gibt bereits eine Reihe von Urteilen, die diesem Umstand angemessen Rechnung tragen.


Über den Autor:

Rechtsanwalt Jan C. Knappe ist Gründungspartner der Kanzlei DRRP Rechtsanwälte in München und vertritt zahlreiche P&R-Vermittler in Schadenersatzprozessen von P&R-Investoren. DRRP hat bundesweit die ersten und die meisten Urteile für P&R-Vermittler erstritten.

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