Regulierung der Finanzbranche Bafin-Podcast: „Provisionsgestützer Vertrieb oft die deutlich bessere Variante“
Man muss sich zwar nicht gegen alles Mögliche versichern, meint Frank Grund. Aber gegen Risiken, die man im Ernstfall allein nicht finanziell stemmen könnte, sei eine Versicherung sinnvoll. „Das gilt zum Beispiel in der privaten Haftpflichtversicherung“, so der Exekutivdirektor für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).
Im Schadensfall müssten sich die Verbraucher aber auch darauf verlassen können, dass ihr Versicherer die vertraglich vereinbarten Leistungen erbringen kann. Hierfür müssten die Gesellschaften über einen sehr langen Zeitraum hinweg finanziell stabil sein. Und genau das sei Ziel der Versicherungsaufsicht: dafür zu sorgen, dass die Versicherer auch in Zukunft zahlen können, betont Grund.
Oberster Versicherungsaufseher im Podcast
Wie berichtet, geht Deutschlands oberster Versicherungsaufseher nach acht Jahren bei der Bonner Behörde Ende September in den Ruhestand. Seine zukünftige Nachfolgerin Julia Wiens kommt ebenfalls von der deutschen Tochter des Versicherers Baloise. Welche Themen sie und die gesamte Branche zukünftig besonders beschäftigen dürften, beschreibt Grund in der neunten Folge des Bafin-Podcasts.
In dem Interview spricht Sabine Reimer, Bafin-Referatsleiterin für Verbraucherschutz, mit Grund unter anderem über dessen Zielbild einer vorausschauenden Aufsicht. Hierzu zählten auch Maßnahmen, die auf den ersten Blick zwar „eine unangenehme Botschaft für die Kunden“ darstellten. Dennoch halte er die Sachversicherer auch in diesem Jahr dazu an, mit deutlich höheren Prämien zu rechnen.
Denn Ziel der Aufsicht sei es, die langfristige Stabilität aller Versicherer sicherzustellen. „Dazu gehört es eben auch, dass man für die eingagangenen Risiken angemessene Prämien bekommt“, sagt Grund. Er gehe zwar davon aus, dass sie auch 2024 weiter deutlich steigen werden. Aber: „Der Wettbewerb sorgt dafür, dass die Preise nicht unvernünftig werden“, so der Branchenexperte.
Hallo, Herr Kaiser!
„Langfristig ist es absolut richtig, dass der Versicherer die Prämie erhebt, die er braucht, um steigende Kosten zu finanzieren.“ Dies sei beispielsweise mit Blick auf stark verteuerte Reparaturen angemessen. Es sei daher ausdrücklich im Interesse der Branchenaufsicht, dass „Versicherer die Inflationsentwicklung in ihrer Prämienkalkulation und den Reserven in ihren Bilanz berücksichtigen“, erklärt er.
Bafin skeptisch gegenüber Provisionsverbot
Auch bei den Abschluss- und Vertriebskosten in der Sparte Leben müsse das langfristige Kundeninteresse im Fokus stehen: „Eine gute Beratung kostet Geld und ist auch Geld wert.“ Gegenüber einem Provisionsverbot sei er persönlich und auch die Bafin weiterhin skeptisch. „Weil es dazu führen kann, dass nur noch bestimmte Kundenschichten Produkte angeboten bekommen.“
Die von vielen Verbraucherschützern favorisierte Alternative Honorarberatung rechne sich nämlich nur bei größeren Versicherungssummen. Für die meisten Privatkunden sei „das provisionsgestütze Vertriebssystem die deutlich bessere Variante“. Denn: „Hier ist über die Provision gesichert, dass breite Bevölkerungsschichten in den Genuss einer Beratung kommen.“
Auch der direkte Online-Vertrieb von Versicherungen sei nicht kostenlos und für beratungsintensive Produkte selten sinnvoll. „Viele Kunden benötigen eine ordentliche und gute Beratung. Das ist ein Job, der auch bezahlt werden muss“, steht für Grund fest. Dafür sei die Provision weiterhin die beste Methode – soweit sie nicht überzogen hoch ausfällt, schränkt er aber zugleich ein.
Die Bafin müsse also lediglich darauf achten, dass es nicht zu „exzessiven Kosten“ für die Privatkunden komme. „Das ist ein wichtiger Beitrag der Aufsicht zum Verbraucherschutz.“ Derzeit prüfe man bei einigen Unternehmen sehr konkret, ob dort alles mit rechten Dingen zugehe. Kosten-Ausreißer nach oben würden dabei mit Hochdruck und sehr sorgsam unter die Lupe genommen.