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Robo-Advisor: Der Trend ist auch für Berater spannend
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Maschine sucht Mensch Robo-Advisor: Der Trend ist auch für Berater spannend

Mann mit Digitalgeräten: Robo-Advisor traten mit dem Versprechen an, die Finanzanlage leicht zugänglich zu machen.
Mann mit Digitalgeräten: Robo-Advisor traten mit dem Versprechen an, die Finanzanlage leicht zugänglich zu machen. | Foto: imago images/Westend61

Das Angebot, das Robo-Advisor ihren Kunden machen, wurde schon mit vielen Adjektiven bedacht. Ein Robo arbeite gut, günstig, fair, effizient, transparent oder auch demokratisch, heißt es. Er richtet sich an Menschen, die ihr Geld ohne Hilfe eines klassischen Beraters anlegen wollen, aber trotzdem Unterstützung suchen. Beim Robo-Advisor erhalten sie, nachdem sie ihre Wünsche, Anlageerfahrung und Risikoneigung angegeben haben, einen Anlagevorschlag präsentiert. Meist hat ihn ein Algorithmus erstellt. Der Robo schlägt etwas vor, der Kunde braucht nur noch auf „Kaufen“ zu klicken – oder eben nicht.

Unter der Bezeichnung Robo-Advisor tummeln sich in Deutschland unterschiedliche Konzepte. Im Kern werden zwei Modelle angeboten. Variante eins: Der Robo-Advisor gibt dem Anleger ein digitales Beratungs-Tool an die Hand. Dieses stellt ihm automatisiert eine auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Anlagelösung zusammen. Die Gewichtung der Anlageklassen, die dem Risikoempfinden des Kunden entsprechen soll, wird regelmäßig automatisch wiederhergestellt. Variante zwei: Der Robo-Advisor schlägt nach der Kundenabfrage eine fertige Vermögensverwaltungsstrategie vor. Diese wählt er je nach Anlegerprofil unter mehreren möglichen Lösungen aus.

 

Beide Varianten werden sowohl „Robo-Advisor“ als auch „digitale Vermögensverwaltung“ genannt. Die Grenzen sind oft flexibel, meint Rüdiger Sälzle, Chef der Research-Firma Fondsconsult, die einmal im Jahr den Robo-Advisor-Markt für eine Studie durchleuchtet. Allerdings geht der Trend deutlich in Richtung der zweiten Variante: der fertigen Vermögensverwaltungsstrategien. Dafür benötigt der Robo allerdings eine Lizenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin): Von den 23 Robos, die das Online-Anlageportal Extra-ETF im vergangenen Jahr getestet hat, arbeitet die deutliche Mehrheit mit einer Bafin-Lizenz als Finanzportfolioverwalter. Nur vier Anbieter sind Finanzanlagenberater mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung.

Robo nimmt Arbeit ab

Robo-Advisor bringen Kunden einen großen Vorteil, findet Salome Preiswerk, Gründerin des Robo-Advisors Whitebox: „Vermögensverwaltende Plattformen bieten Verbrauchern den Mehrwert, die Arbeit aus der Hand zu geben und trotzdem die Kontrolle zu behalten.“ Demgegenüber erfordere ein selbst zusammengestelltes Portfolio – zum Beispiel Anlagen bei einem Online-Broker – einiges Vorwissen, Zeit und Mühe. Der durchschnittliche Robo-Kunde, heißt es aus dem Markt, ist zwischen 40 und 50 Jahre alt.

Wer Geld bei einem Robo-Advisor anlegt, kommt in der Regel günstiger davon als beim Kauf eines aktiv gemanagten Fonds – auch wenn Robo-Advisor mitunter selbst in aktive Fonds investieren. Die Plattform Extra-ETF hat beim Scannen der 23 gängigen Robos in Deutschland jährliche Gebühren zwischen 0,33 und 1,40 Prozent der angelegten Summe ermittelt. Der Robo-Advisor Evergreen nehme dagegen null Prozent Gebühren. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es auch, denn kostenlos ist die Geldanlage dort auch nicht. Es fallen Fondskosten von 0,59 Prozent der Anlagesumme pro Jahr an, verrät beim Nachprüfen die Evergreen-Internetseite. Im Zweifel lohnt es sich also immer, die Angaben noch einmal zu hinterfragen.

Andere Anbieter berechnen unter Umständen ebenfalls mehr Kosten – auch wenn die von Extra-ETF aufgelisteten Gebühren zumeist eine All-in-Fee seien: Depotführung und Wertpapiertransaktionen inklusive. Mitunter wird die Gebühr auch gestaffelt nach Anlagebetrag berechnet (Fintego). Oder es kommt eine Erfolgsgebühr hinzu (Ginmon, Solidvest).

Viele Robos verlangen eine Mindestanlagesumme – etwa 100 Euro bei Easyfolio oder 5.000 Euro bei Gerd Kommer Capital. Bei den meisten Robos lässt sich auch in kleinanlegerfreundlichen Monatsraten von 25 oder 50 Euro investieren, also per Sparplan. Ausreißer Liqid krümmt seinen digitalen Finger allerdings erst ab 100.000 Euro. Das Anlageergebnis der Anbieter variiert ebenfalls. Wer einmal auf Jahresbasis vorn lag, konnte das im Folgejahr nicht unbedingt wiederholen. Aufs schwierige Börsenjahr 2022 gerechnet lagen alle 25 Anbieter nach einer Auswertung von Brokervergleich.de im Minus: Am besten schlug sich noch Cominvest mit minus 6,2 Prozent nach Steuern und Gebühren. Am schlimmsten erwischte es Estably mit minus 28,8 Prozent.

Robo-Advisor auch für Berater interessant

Robo-Advisor können jedoch nicht nur für digital affine Kunden, sondern auch für den Beratervertrieb spannend sein. Denn Anbieter gehen dazu über, in den Vertrieb auch Beraterinnen und Berater einzubinden: Durch die Beratung findet mancher Kunde überhaupt erst den Weg zur Digitalanlage. Der Berater übernimmt dann die Funktion des Tippgebers. Für eine Tippgeber-Leistung ist nicht einmal eine 34f-Lizenz (Finanzanlagenvermittlung) erforderlich.

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Der Münchner Robo-Advisor Scalable Capital zum Beispiel hat mit der Privatkundenbank ING eine Vertriebspartnerschaft geschlossen. Gemeinsam bieten beide Seiten digitale Vermögensverwaltungsstrategien von Scalable an, ING-Berater vermitteln sie ihren Kunden. Darüber hinaus hat Scalable auch solche Kooperationen, bei denen die Münchner allein ihre Technologie ausreichen. Die Santander-Tochter Openbank nutzt diese etwa, um mit ihrer Hilfe Kunden die hauseigenen Produkte zu vermitteln.

 

Auch Whitebox setzt neben dem Endkundengeschäft auf den B2B2C-Vertrieb, also den Endkundenvertrieb über Vermittler. In diesem Interview erläutert Mitgründerin Salome Preiswerk die Vorteile für beide Seiten >>

Bei Whitebox sind ebenfalls große Intermediäre wie zum Beispiel die Volkswagen Bank an Bord. So gewinnt Whitebox Kunden, und der Vertrieb erhält einen Obolus, weil er diese dem Robo zugeführt hat.

„Robo-Anbieter setzen verstärkt auf B2B-Lösungen, um der schleppenden Endkundenakquise in einer vergleichsweise kleinen Zielgruppe Rechnung zu tragen“, kommentiert Marktbeobachter Sälzle. In der Tat lagert bei Robos trotz ihres Anfangserfolgs weiterhin nur ein sehr kleiner Teil der deutschen Privatvermögen. Statista schätzt, dass es im März 2022 rund 22 Milliarden Euro waren – ein Tropfen im Vergleich zu den 8 Billionen Euro, die hiesige Privathaushalte insgesamt besitzen.

Vertrieb wird hybrid

Die Wendung zum Vertrieb über Berater könnte sich für beide Seiten auszahlen. Denn auch im traditionellen Beratervertrieb stellt man fest, dass digitale Vertriebshilfen zwar viele Prozesse einfacher machen, aber den Berater nicht unbedingt und überall ersetzen.

„Versicherungsmakler und Finanzanlagevermittler werden auch weiter stark nachgefragt bleiben“, schätzt Rolf Schünemann, Vorstand beim Maklerpool BCA. Als Voraussetzung für den Erfolg sieht er ein hybrides Geschäftsmodell – „qualitativ hochwertige und vertrauensvolle Beratung verknüpft mit digitalem Service und Beratungs-Tools“. Die großen Pools stellen ihren Vermittlern heute bereits mehrheitlich digitale Hilfen zur Verfügung. In der Regel mit der Möglichkeit, Vermögensverwaltungsstrategien auch digital abzuschließen.

Es sieht danach aus, als ob die Robos und der traditionelle Vertrieb sich irgendwo in der Mitte zwischen rein digital und rein persönlich treffen und einpendeln könnten. Denn weder können klassische Berater langfristig ohne umfangreiche Digitalhilfe auskommen – noch werden alle Finanzkunden gern allein von einer Maschine bedient. Fondsconsult-Mann Sälzle hat noch einen anderen Trend unter deutschen Robo-Advisorn beobachtet: In seiner Robo-Studie 2021 heißt es, dass Robo-Anbieter zunehmend ihr Produktangebot vergrößerten. Auf den Internetseiten böten die Unternehmen zunehmend auch Tages- und Festgeldkonten an – wohl um sich durch diese Ausdehnung in Richtung einer Plattform ein größeres Netzwerk aufzubauen.

 

Scalable, das im Vorjahr die 10-Milliarden-Euro-Marke beim verwalteten Vermögen geknackt hat, hat seit Juni 2020 zudem ein umfangreiches Brokerage-Geschäft aufgezogen. In der Corona-Krise mit ihren Lockdowns kam das so gut an, dass Scalable mittlerweile zu einem führenden deutschen Neobroker nach Kundenzahl geworden ist. Das Robo-Advice-Geschäft läuft nebenbei weiter. Ganz an der Spitze der hiesigen Neobroker steht weiterhin Trade Republic. Ob sich auch Whitebox neue Geschäftszweige erschließen will? „Wir ergänzen unsere Angebote immer wieder“, bleibt Preiswerk im Vagen. Konkrete Pläne verkünde man stets erst dann, wenn sie auch spruchreif seien.

Aus den Fondsconsult-Studien ergibt sich noch eine Erkenntnis über Robo-Advisor: Selbst eine gute Performance ist kein Garant dafür, dass den Robos in der Folge auch viel Vermögen zufließt, sagt Rüdiger Sälzle. In der Tat haben einige Anbieter in Deutschland in den vergangenen Jahren auch wieder aufgeben müssen. Etwa der Schweizer Robo Werthstein oder Prospery, den die Bank ABN Amro zwischenzeitlich angeboten hatte. Ebenso hat die Deutsche Kreditbank (DKB) ihre Kooperation mit dem DJE-Robo Solidvest wieder aufgegeben.

Robo-Advisor sollten sehr aktiv für ihre Sichtbarkeit im Markt kämpfen, rät Salome Preiswerk. Sie sollten sich mit hoher Priorität außerdem um den Erfolgsfaktor „effiziente Vertriebswege“ kümmern. Die Robo-Gründerin ist überzeugt: Mit dem Fokus sowohl auf Endkunden als auch auf Berater habe sich Whitebox ein attraktives Geschäft erschlossen – das sowohl dem Robo als auch den Vertriebspartnern zugutekommt.

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