Tipps vom Anlage-Experten Worauf es bei Immobilien-Investments jetzt ankommt
In den vergangenen Jahren waren die Preissteigerungen am deutschen Immobilienmarkt beeindruckend. Bundesweit haben sich die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2021 um rund 84 Prozent verteuert. Da Immobilien bekanntlich immobil sind, ist die Lage von entscheidender Bedeutung. Zu antizipieren, welche Lagen im Kommen sind, erfordert viel Erfahrung und Marktkenntnis.
Denn für viele Investoren war in den vergangenen Jahren die Immobilie der gesuchte Rettungsring. Wohin mit dem Geld, als aufgrund der Niedrigzinspolitik der EZB festverzinsliche Anlagen nicht mehr rentierten. Die Immobilie, egal ob eigen- oder fremdgenutzt, ist für die meisten Anleger positiv besetzt. „Immobilien sind doch sicher und steigen immer im Wert“ – ist einer der Glaubensgrundsätze vieler Anleger. Nicht ohne Grund ist einer der ersten Sparverträge, die viele nach Schule oder Ausbildung abschließen, der Bausparvertrag. Verspricht er doch Planbarkeit vom ersten Tag an.
Wobei allerdings die Anschaffung der eigenen vier Wände für den Eigenbedarf unter Experten in der Regel als unproblematisch gilt. Die Eigennutzung steht dabei im Vordergrund. In der Regel plant der Käufer bis zu seinem Lebensende in seiner Immobilie zu wohnen. Dabei spielt dann weder die künftige Mietrendite der Immobilie noch die weitere Preisentwicklung eine entscheidende Rolle.
Anders sieht es angesichts der enormen Preissteigerungen aber aus, wenn jemand den Erwerb einer fremdgenutzten Immobilie für die Altersvorsorge plant. Nur aus diesem Grund in eine fremdgenutzte Immobilie zu investieren, ist die falsche Motivation. Die Preise in den guten Lagen sind mittlerweile überall hoch.
Rendite-Kennzahlen bei Immobilien sind ernüchternd
Bereits vor einigen Jahren hatte eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die Renditen von privaten Investitionen in fremdgenutzten Immobilien in Deutschland untersucht. Bei fast 25 Prozent der Immobilienanlagen betrug die Rendite null Prozent, bei weiteren 8,5 Prozent war die Bruttorendite sogar negativ.
Von den etwa sieben Millionen Haus- und Wohnungseigentümern, die ihre Immobilie als Kapitalanlage nutzen, verdienten damit rund drei Millionen am Ende des Tages kein Geld. Fast 21 Prozent der Vermieter brachte ihre Immobilie gerade einmal null bis zwei Prozent ein. Zieht man die Inflation ab, bleibt nicht allzu viel übrig. Nur 18 Prozent der Eigentümer konnten mit einer Verzinsung von 5 Prozent und mehr eine ordentliche Rendite erzielen.
Eine Immobilie ist in der Regel eine Investition, die langfristige Bedeutung hat. Immobilienmärkte sind hoch komplex und leider für Laien selten zu durchschauen. Vor allem die Preisfindung ist ein Problem. Bei der selbst genutzten Immobilie spielt häufig eine stark emotionale Komponente eine Rolle. Viele Anleger schätzen ihre eigene Immobilie viel zu hoch im Wert ein. Schließlich wollen viele so leben, wie man selbst lebt. Die Stunde der Wahrheit kommt dann oft erst beim Verkauf. Wobei die eigengenutzte Immobilie grundsätzlich nicht unter Renditegesichtspunkten gesehen werden sollte. Hier lautet die Rendite „individuelle Lebensqualität“ und diese ist oft unbezahlbar.
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Bei fremdgenutzten Immobilien zählt die langfristige Rentabilität
Anders verhält es sich jedoch bei den Renditeobjekten. Die kleine Eigentumswohnung in der City oder das Mehrfamilienhaus am Stadtrand. Hier macht es schon Sinn, sich über die langfristige Rentabilität Gedanken zu machen. Vor allem, da solche Investitionsobjekte sehr schnell einen hohen Prozentsatz in der Vermögensstruktur ausmachen.
Bis vor wenigen Jahren konnte man sich dabei noch einer einfachen Formel bedienen. Entscheidend für die Rendite war der sogenannte Kaufpreisfaktor der Immobilie, also das Verhältnis des Nettokaufpreises zur Nettojahresmiete. Bis vor wenigen Jahren galten Kaufpreisfaktoren zwischen dem 14-fachen und dem 20-fachen als gute Mittelwerte. Allerdings ist in vielen Regionen Deutschlands 25 mittlerweile ein gängiger Wert.
Eine Faustformel zur Rendite-Berechnung reicht nicht aus
Aktuell werden in attraktiven Innenstadtlagen nicht selten Kaufpreisfaktoren jenseits des 30-fachen der Nettojahreskaltmiete aufgerufen. Hinzu kommen stark gestiegene Kaufnebenkosten. Mit Steuern, Makler und sonstigen Gebühren müssen durchschnittlich noch einmal bis zu 15 Prozent auf den Kaufpreis aufgeschlagen werden. Zusätzlich belasten hohe laufende Bewirtschaftungskosten, wie Instandhaltungsrücklagen und Verwalterkosten, die Rendite.
Letztlich ist bei vielen Lagen das mögliche Mietpreisniveau mittlerweile ausgereizt. Bei 13 bis 16 Euro pro Quadratmeter ist auch bei Innenstadtlagen irgendwann Schluss. Mit einer einfachen Faustformel zur Berechnung der Rendite kommt man in den meisten Fällen nicht mehr aus. Zusätzlich sorgen die derzeit stark steigenden Finanzierungszinsen für weiteren Druck.
Über einen vollständigen Finanzplan erhalten Anleger schnell einen Überblick über die tatsächliche Rendite einer Immobilieninvestition. Hier zeigt sich schnell, ob sich die Investition in eine neue oder bestehende Immobilie lohnt. In vielen deutschen Vermögensbilanzen machen Immobilien einen Anteil von weit über 50 Prozent des Vermögens auf. Es bestehen dann oftmals Klumpenrisiken, die selten zu den langfristigen Zielen und Vorstellungen der Anleger passen. Eine regelmäßige, neutrale Überprüfung schafft Sicherheit. Die Bundesbank hat kürzlich ihre Warnung wiederholt, dass zumindest die Bewertung von Wohnimmobilien über dem Preis liege, „der durch soziodemografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt ist“.
Über den Autor:
Markus Richert ist Senior-Berater Vermögensverwaltung bei Portfolio Concept Vermögensmanagement aus Köln.